Kienle-Insolvenz

Mercedes steigt ein, übernimmt Mitarbeiter und Teile

Mercedes übernimmt Mitarbeiter, Ersatzteile und Werkzeuge des insolventen Flügeltürer-Restaurators Kienle. Die Heritage-Abteilung des Herstellers will damit wachsen und neue Kompetenzen gewinnen.

Mercedes-Benz Classic Center Fellbach Fassade Mercedes-Benz 300 SL Roadster mit Hardtop 15 Bilder

Die Mercedes-Benz Heritage GmbH will wachsen. Deren Geschäftsführer Marcus Breitschwerdt hatte Konzernchef Ola Källenius zum Antritt einen "strategischen Ausbau aller Heritage-Bestandteile der Mercedes-Benz AG" als Aufgabe mit auf den Weg gegeben. Anfang 2023 hatte Mercedes schon einmal eine Übernahme des Restaurierungsbetriebes Kienle Automobiltechnik GmbH erwogen.

Mercedes übernimmt Kienle-Mitarbeiter

Während die Verhandlungen vor etwa einem Jahr scheiterten, darf zum 1. Februar 2024 Vollzug gemeldet werden: Mercedes übernimmt in einem sogenannten Asset-Deal "Bestandteile der ehemaligen Kienle Automobiltechnik GmbH in Heimerdingen und gliedert diese in das Mercedes-Benz Classic-Center ein", wie die Heritage-Abteilung des Autoherstellers mitteilt. "Wir übernehmen Teile der Belegschaft der ehemaligen Kienle Automobiltechnik GmbH und sichern so Arbeitsplätze", erklärt Marcus Breitschwerdt, Chef der Mercedes-Benz Heritage GmbH.

Konkret geht es um Werkstatt-Mitarbeiter, Ersatzteile und Werkzeuge des insolventen Restaurierungsbetriebes. Rund 25 Werkstatt-Mitarbeiter sollen übernommen werden; die Mannschaft wird so auf einen Schlag in etwa verdoppelt. Zunächst sollen die bisherigen Kienle-Mitarbeiter in der Werkstatt in Heimerdingen arbeiten; den Firmensitz hatte Kienle schon vor einiger Zeit verkauft und zurückgeleast.

Für die Zukunft gibt es einen konkreten Plan: "Wir planen eine zweite Betriebsstätte im Raum Stuttgart zu eröffnen. Dort soll modernes Arbeiten mit klassischen Fahrzeugen möglich sein. Das Classic Center in Fellbach bleibt erhalten", erklärt der Heritage-Chef.

Mercedes will im Klassik-Geschäft wachsen

Breitschwerdt sieht den Erwerb von Ersatzteilen und die Übernahme von Mitarbeitern als Teil einer Wachstumsstrategie: "Wir werden weiter wachsen, wir werden Geschäft generieren, wir werden Maßstäbe setzen." Mercedes hatte voriges Jahr Museum, Archiv, Sammlung und Classic Center in einem Unternehmen gebündelt. Die Heritage GmbH soll wachsen und Geld verdienen.

Dazu gehört unter anderem der Handel und das Restaurieren hochwertiger Klassiker, wie etwa dem 300 SL Roadster, von denen Mercedes während der Rétromobile in Paris drei zum Verkauf anbietet. Bei der Restaurierung von Sammlerfahrzeugen will Breitschwerdt Kompetenz aufbauen – auch mithilfe der neuen Mitarbeiter: "Wir haben aktuell keine eigene Feinblechnerei im Classic Center, das ist ein Fehler."

Denn Mercedes müsse als Hersteller "eine Referenz im Markt sein. Und dafür müssen wir dieses ganz besondere Know-How wieder bei uns bündeln."

Kienle bleibt im Insolvenzverfahren

Bei einem Asset Deal werden Teile eines Unternehmens, wie Mitarbeiter, Werkzeuge oder Ersatzteile übernommen. Verbindlichkeiten und Risiken blieben bei der insolventen Firma. Fahrzeuge oder bestehende Aufträge übernimmt Mercedes nicht. Die Risiken bleiben bei der insolventen Kienle Automobiltechnik GmbH.

Gegen die Kienle Automobiltechnik läuft aktuell ein Ermittlungsverfahren wegen Betrug. Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt wollten sich mit Hinweis auf laufende Ermittlungen nicht dazu äußern. Ein Verfahren vor dem Stuttgarter Landgericht zwischen Kienle und einem Kunden ist wegen des Insolvenzverfahrens ausgesetzt.

Laut Insolvenzverwalter hatte es mit mehreren Interessenten Verhandlungen über einen Asset-Deal gegeben. Die 1984 gegründete Kienle Automobiltechnik GmbH mit ihren zuletzt 53 Mitarbeitern war weltweit für die Restaurierung von Mercedes-Benz-300-SL-Flügeltürern, -Roadstern, Mercedes 600 und Vorkriegsautos bekannt. Das Ersatzteillager soll rund 50.000 Teile umfassen.

Kienle hatte fünf Monate nach Durchsuchungen wegen des Verdachts auf gefälschte Flügeltürer Ende Oktober 2023 Insolvenz angemeldet. Der Gründer und ehemalige Geschäftsführer Klaus Kienle darf nicht mehr über das Vermögen des Betriebes verfügen und hat Hausverbot.