Mercedes SLK (R170) im Check

Die Schwachstellen des ersten SLK

Der Mercedes SLK überzeugt durch seine Solidität und das geniale Vario-Dach. Die erste SLK-Baureihe (R170) war ein Bestseller und hat das Zeug zum Klassiker. Rost und Unfallschäden sind die größten Schwachpunkte.

Mercedes SLK 230 Kompressor R 170 (1998) Foto: D. Eisele 23 Bilder

Die Nummer mit dem Metallklappdach war schon ein Knaller, damals gegen Mitte der 90er. Handbremse ziehen, Schalthebel auf Leerlauf, einen roten Knopf in der Mittelkonsole nach hinten drücken und im Sekundentakt bis 25 zählen, während sich die Seitenscheiben absenken, der Kofferraumdeckel in Fahrtrichtung öffnet, sich das Dach selbstständig nach hinten zusammenfaltet und schließlich komplett unter der Kofferraumhaube verschwindet. Fehlte zum Schluss eigentlich nur noch ein Tusch aus den Bordlautsprechern, um diese ingeniöse Verwandlung eines Coupés in ein Cabrio gebührend zu unterstreichen. Frühe SLK-Besitzer sollen auf Parkplätzen oder vor ihren Garagen regelrechte Vorführungen abgehalten haben – sofern sie bis zu 15.000 Mark über Liste ausgegeben hatten, um eines der ersten Exemplare zu ergattern. Andere mussten schon mal zwei Jahre Lieferzeit in Kauf nehmen.

Ganz neu war diese Idee mit einem Klappdach aus Metall natürlich nicht, um die Vorzüge eines Coupés mit denen eines Cabrios zu vereinen. Peugeot hatte mit dem 402 Eclipse bereits ein Auto mit einem versenkbaren Blechdach im Angebot – aber das war 1935 und ist somit wohl eher ein Fall für Historiker. Seitdem hat sich in Europa niemand mehr ernsthaft an diesem Prinzip versucht.

Und nun also Mercedes. Klar, angesichts des Roadster-Booms – ausgelöst durch den Mazda MX-5 – verspricht man sich mit einem kleinen offenen Sportwagen ein lukratives Geschäft. Und: Pläne für einen kurzen SL liegen bereits seit 1989 in der Schublade, doch irgendwie hat sich dann doch niemand getraut, sie hervorzuholen. Zu konservativ der Geist, der damals noch im Konzern herrscht.

Provokanter Neuling

Mercedes SLK 230 Kompressor R 170 (1998) Foto: D. Eisele
Als der SLK präsentiert wird, sorgt vor allem das Variodach für Aufsehen.

Erst unter Dieter Zetsche, ab 1992 Entwicklungschef und heute Boss bei Mercedes, nimmt der Variodach-Zweisitzer ernsthaft Gestalt an. Die endgültige Form stammt von Michael Mauer (heute Porsche- und VW-Konzern-Designchef), und diesem Mann ist wahrhaftig ein Kunststück gelungen: Man sieht einem SLK aus keiner Perspektive an, dass die biedere C-Klasse der Baureihe W 202 als Basis herhalten musste. Mit seinen beiden Ausbuchtungen auf der Motorhaube, den Powerdomes, zitiert der neue Roadster sogar mutig eine hauseigene Legende, den 300 SL (mit dem er auch den Radstand teilt). Wie dem auch sei – der neue kurze SL muss liefern. Sein Job: Er soll Mercedes vom Image befreien, eine Marke nur für grau melierte Hutträger zu sein. Provokant genug ist so ein SLK allein schon angesichts der möglichen Farben wie Yellowstonegelb oder Vivianitgrün. Lust auf rote Polster? Ebenfalls kein Problem. Derweil befürchtet die konservative Stammkundschaft nun endgültig das Ende des Abendlandes, kann kaum glauben, dass so was plötzlich bei den Händlern steht. Oder dass Mercedes die Produktion im Bremer Werk mächtig ankurbeln muss, um die Nachfrage zumindest einigermaßen befriedigen zu können.

Der Wirbel um ein Metallklappdach dürfte sich im Jahr 2018 gelegt haben. Praktisch ist so eine Haube nach wie vor: keine lästigen Windgeräusche bei geschlossenem Dach und kein Ärger mit alternden Verdecken. Bei geöffnetem Dach reduziert sich das Kofferraumvolumen allerdings von 348 auf recht bescheidene 145 Liter, womit die große Reise zu zweit in purer Offenheit streng genommen nicht möglich ist.

Aber die Größe eines Kofferraums hat Sportwagenfans eigentlich noch nie ernsthaft interessiert. Das SLK-Denkmodell war (und ist) ohnehin ein anderes: geschlossen los, Gepäck im Hotel hinterlegen und offen den Zielort erkunden. Bei der Feierabendrunde über die Hausstrecke spielt die Gepäckproblematik bekanntermaßen keine Rolle.

Kein Schrauber-Auto

Viel wichtiger natürlich als die Ladekapazität: der optische Auftritt. Kurz und knackig steht es da, unser Fotoauto, formal genau die richtige Mischung aus Frechheit, Fahrspaß und Ernsthaftigkeit. Puristen stören sich allenfalls an der stark geneigten Windschutzscheibe oder den mit Kunststoff ummantelten Überrollbügeln hinter den Kopfstützen. Aber in der Summe seiner Eigenschaften ist es schwer, einem SLK formal etwas vorzuwerfen, zu stimmig zitiert er mit seinen Proportionen klassische Roadster-Elemente (lange Haube, kurzes Heck). Sein Problem: Für einen Youngtimer sieht er trotz seines Alters von 22 Jahren eigentlich viel zu modern aus, entpuppt sich mit Features wie ABS, Fahrer- und Beifahrerairbag oder Gurtstraffer eher als Auto für Fans der Gegenwart als für verträumte Nostalgiker mit ölverschmierten Händen.

Der Anspruch von Mercedes, einen hochmodernen Roadster zu bauen und dennoch traditionelle Elemente zu bewahren, zieht sich dann auch weiter durch das Cockpit. Der seit Generationen vererbte Kombihebel sitzt weiterhin linker Hand, alle anderen Schalter und Hebel befinden sich genau an den richtigen Stellen. Alles wirkt solide, nichts scheint zufällig arrangiert. Die drei Rundinstrumente in ihren tiefen Höhlen lassen sich zudem sehr gut ablesen, deren weißer Hintergrund soll womöglich Sportlichkeit symbolisieren. Das betont alte Mercedes-Emblem auf dem neuzeitlichen Airbag-Lenkrad ist sicherlich als weiterer Hinweis auf eine lange Sportwagentradition zu verstehen.

Bärenstarker Antritt

Mercedes SLK 230 Kompressor R 170 (1998) Foto: D. Eisele
Beim Fahren fühlt sich der SLK so bequem wie ein gut eingelaufener Turnschuh an.

Sobald man sitzt, fühlt sich so ein SLK wie ein gut eingelaufener Turnschuh an, bequem und zu allem bereit. Unspektakulär nimmt der in diesem Fall 2,3-Liter-Vierzylinder-Kompressormotor im nächsten Moment seine Arbeit auf, brummt brav im Standgas vor sich hin. 193 PS leistet das mechanisch durch ein Roots-Gebläse aufgeladene Aggregat, das gänzlich ohne Plastikverschalung im engen Maschinenraum sitzt. Die Zwangsbeatmung schien dringend erforderlich, da für einen klassischen Reihensechszylinder in diesem nur knapp vier Meter kurzen Sportwagen wahrlich kein Platz vorhanden ist. Erst ab der Modellpflege im Jahr 2000 bietet Mercedes den auch optisch überarbeiteten SLK als 320er mit einem 218 PS starken Dreiventil-V6 an, der aus diesem Auto endgültig einen kompakten Power-Cruiser macht. Zu den weiteren Modernisierungsmaßnahmen zählen damals auch ESP, Seitenairbags und ein Onboard-Diagnosesystem sowie ein neu abgestimmtes Fahrwerk.

Zurück zu unserem 230er. Dessen aufgeladener Vierzylinder macht seine Sache erstaunlich gut. Sein Geheimnis: Drehmoment. Zwischen 2.500 und 4.800 Touren warten 280 Nm auf ihren Einsatz. Der Motor zieht aus dem Stand heraus wie der oft zitierte Bulle. Tempo 100 liegt nach 7,2 Sekunden an, und wenn man es laufen lässt, stimmt endlich auch der Sound, weil das anfängliche Brummen sich in ein unaufdringliches Fauchen verwandelt hat. Aggressivität ist einem SLK aber selbst dann vollkommen fremd.

Stabil wie eine Burg

Schon nach wenigen Kilometern ist einem dieses Auto so vertraut wie ein guter Freund. Und: Man merkt sofort, dass über 1,8 Millionen Testkilometer in diesem Modell stecken. Selbst im besten Youngtimer-Alter wirkt der kleine Sportwagen wie aus einem Stück gegossen. Kein Knistern, kein Zittern, kein Knacken, und selbst auf groben Unebenheiten verliert dieser knapp 1,3 Tonnen schwere SLK nichts von seiner Verwindungssteifigkeit. In einem ersten auto, motor und sport-Test (19/1996) stellt Autor Klaus Westrup den Qualitätsmaßstab eines SLK auf Augenhöhe mit dem eines Porsche 911 Cabrio.

Die ersten ernsthaften Kurven, und auf einmal wird unserem SLK trotz aller Leichtigkeit doch ein wenig blass um seine formschöne Nase. Die Lenkung. Eine Spur zu indirekt und obendrein etwas schwammig. Leidiger Tribut an die Plattformstrategie – ein SLK ist im Grunde seines Wesens immer auch eine C-Klasse W 202. Umso verblüffender die Bremsen des kleinen Mercedes-Roadsters. Hochmotiviert und voll bei der Sache, was dann auch irgendwie kein Wunder ist: Sie stammen aus der E-Klasse W 210 und haben dort normalerweise weitaus mehr an Gewicht abzubremsen.

Der Rest des Tages, pardon, der Ausfahrt vergeht wie im Flug. Stundenlanges Fahren? Kein Problem. Der SLK gibt sich durchaus komfortbetont, sein Fahrverhalten gleicht fast schon dem einer Limousine (was er im Grunde seiner Plattform ja auch ist, aber das hatten wir bereits). Ob es auch ein 136 PS starker 200er tut, wollen Sie an dieser Stelle rasch noch wissen? Ja. Aber Dynamik und Sound kann ein 230er mit Kompressor eindeutig besser.

Die aktuelle Motor Klassik: Hier bestellen!

Karosserie-Check

Der Mercedes SLK (R170) entstammt einer Ära, in der Mercedes generell mit Rost zu kämpfen hatte. Im Vergleich zur C-Klasse W 202, mit der er sich die Technik teilt, sind Probleme kleiner und die Schwachstellen weniger drastisch ausgeprägt. Typisch sind beim SLK Rostblasen an den seitlichen Kontaktstellen von Karosserie und Front-/Heckschürzen sowie rund um das Schloss der Heckklappe. Die vorderen Kotflügel sind geschraubt. Am Unterboden gammeln die Diagonalstreben, wenn deren Kunststoff-Ummantelung aufgeplatzt ist.

Weitere Rostschwerpunkte am Mercedes SLK (R170): Radläufe, Umbördelungen der Motorhaube und Wagenheber-Aufnahmebuchsen. Finden sich Wasserränder in der Türverkleidung, ist die Dachdichtung zu erneuern. Dauert der komplette Öffnungsprozess des Mercedes SLK-Daches länger als 28 Sekunden, könnte die Hydraulik undicht sein. Bei halbgeöffnetem Dach unbedingt das Gestänge auf Rost überprüfen. Zu den weiteren typischen Schwächen des Mercedes SLK zählen schlecht schließende Türen und knarzende Sitze.

Technik-Check

Die Mercedes SLK-Motoren gelten als wahre Langläufer. Bei Modellen ab Jahrgang 2000 mit der Hand unter die vordere Motorverkleidung fassen. Sind die dort befindlichen Teile verölt, sind die Dichtungen des Gehäuses im Bereich der Nockenwellenverstellung undicht, was eine größere Reparatur bedeutet. Wenn bei laufendem Motor und leicht betätigter Kupplung ein mahlendes Geräusch zu vernehmen ist, könnte dieses auf ein verschlissenes Ausrücklager hindeuten. Sollte es bei warmem Motor im Leerlauf im Motorraum des Mercedes SLK klingeln, ist mit Sicherheit ein Leitblech entlang des Auspuffkrümmers lose. Ein lautes Klackern könnte von der Steuerkette stammen, dann ist der Kettenspanner nachzuziehen.

Die Zweiliter-Saugmotoren mit ihrer bescheidenen Nenndrehzahl von 5.500/min laufen bis auf etwas Ölverlust und nicht korrekt gespannte Steuerkette problemlos. Schalt- und Automatikgetriebe gelten als robust. Das Schaltgetriebe hat bis zur ersten Modellpflege fünf Gänge, ebenso die Automatik. Diese sollte sanft und ruckfrei schalten, ist aber fühlbar langsamer als moderne Wandlerautomaten. Mit der Modellpflege kamen Sechsgang-Schaltgetriebe, die als leichter schaltbar gelten.

Preise

Classic-Analytics listet den Mercedes SLK 230 im Zustand 2 mit rund 10.000 Euro, mäßige Autos kosten etwa 2.300 Euro. Der SLK 320 liegt erstaunlicherweise im Zustand 2 auf gleichem Niveau, lediglich die Zustand 4-Autos kosten mehr als die Vierzylinder - rund 3.200 Euro sind hier fällig. Am günstigsten ist der SLK 200, für den mit etwa 8.000 Euro respektive 2.600 Euro gerechnet werden muss.

Bei Einführung 1996 (Mercedes SLK 200 (R170)) :
52.900 DM
Bei Produktionsende 2004 (Mercedes SLK 200 Kompressor) :
32.248 Euro

Ersatzteile

Die Versorgung mit Ersatz- und Verschleißteilen macht bei dem vergleichsweise noch jungen Mercedes SLK (R170) keine Probleme. Hier kann der reguläre Mercedes-Service und der freie Markt noch fast alles liefern. Ausgenommen sind einige Interieur-Komponenten. Im Umfeld der lebhaften Mercedes SLK-Clubszene werden inzwischen bereits auch gebrauchte Fahrzeugteile angeboten.

Schwachpunkte

  1. Diagonalstreben
  2. Wagenheberaufnahmen
  3. Kantenrost
  4. Vario-Dach
  5. Schließanlage
  6. Kupplung
  7. Krümmer
  8. Steuerkette
  9. Ölverlust
  10. Originalität (Räder)
Mercedes-Benz SLK /R170), Schwachpunkte, Igelbild

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage