Mercury Capri 1.6 (1992) Kaufberatung

Der Capri von Down Under

Der Name weckt bei vielen sofort Erinnerungen an das legendäre Sportcoupé aus Köln. Doch auch Mercury hatte einen Capri im Programm – ein Cabrio mit italienischem Design, australischer Technik und amerikanischem Lebensgefühl.

Foto: Maximilian Balázs 17 Bilder

Die tief stehende Herbstsonne spiegelt sich im türkisfarbenen Lack des Mercury Capri und verbreitet ein Hauch von kalifornischem Flair, als wir Gerhard Fetzer im Süden Stuttgarts zur Probefahrt treffen.

Moment mal – Capri? Den kennt man doch als deutsche Mustang-Interpretation der 1970er aus Köln, das europäische Pony-Car. Stimmt! Aber nicht nur. Bereits in den 1950er-Jahren nutzte Fords Luxusmarke Lincoln den Namen für ein Oberklassemodell, und auch Mercury – das mittlere Preissegment des Ford-Konzerns – taufte gleich mehrere Fahrzeuge Capri: ein Mustang-Derivat und eben jenes kleine Cabrio, das hier im Mittelpunkt steht.

Sein 1,6-Liter-Vierzylinder knurrt vernehmlich, als Gerhard Fetzer den Wagen einen Hügel hinauf und in Fotoposition lenkt. "Das ist doch ein schönes Cabrio, oder?", fragt der passionierte Golfer, als wir ihn nach seiner ungewöhnlichen Fahrzeugwahl befragen. Tatsächlich war sein Mercury damals noch kein Youngtimer, als er ihn kaufte: "Ich lebte in den 80ern eine Zeit lang in den USA und habe dort Freunde. Einer von ihnen arbeitete bei Ford – und als ich ihn 1992 auf einem Golfplatz besuchte, meinte er plötzlich: ‚Ich hätte da ein super Angebot für dich.‘"

Foto: Maximilian Balázs

Ein amerikanischer Australier mit japanischen Genen und italienischem Maßanzug.

Ein Exot mit weiten Wurzeln

Das Angebot war ein Mercury Capri – als Vorführwagen bei einem Händler gelaufen. Für einen attraktiven Preis wechselte der Jahreswagen in Fetzers Besitz. "Meiner Frau und mir gefiel er sofort, und da wir ohnehin ein Cabrio suchten, haben wir einfach zugeschlagen", erinnert er sich. Dass später ein Importeur einige Hundert Exemplare nach Europa brachte, war reiner Zufall. Heute gibt es in Deutschland sogar einen Capri-Club, doch viele Werkstätten scheuen sich nach wie vor, den Exoten zu betreuen.

Dabei ist sein Weg auf hiesige Straßen durchaus beachtlich: Gebaut wurde der Capri in Australien und dort ursprünglich als Ford Capri vermarktet. Die Karosserie entwarf Ghia in Italien, der Innenraum stammt von Italdesign – beides klangvolle Namen im internationalen Automobildesign. Technisch basierte der Wagen auf dem Mazda 323, dessen Komponenten Ford Australien bereits für den Ford Laser nutzte. Bodengruppe, Motoren und Türen stammen somit aus Japan.

Der quer eingebaute 1,6-Liter-DOHC-Motor wurde auch im Mazda MX-5 eingesetzt – in leicht abgewandelter Form. Doch anders als der kultige Roadster setzte der Capri auf Frontantrieb. In Australien lief er als Ford, in Nordamerika als Mercury vom Band. Ford Europa zeigte hingegen kein Interesse am 2+2-Sitzer – in Deutschland war er nie offiziell erhältlich.

Da die USA als Hauptmarkt vorgesehen waren, war die Ausstattung entsprechend üppig: Klimaanlage, Tempomat und Airbag waren Serie. In der XR2-Variante gab es sogar einen Turbo mit 132 PS. "Das ist die spaßigere Variante", sagt Frank Spielberg vom deutschen Mercury Capri Club. "Auch wenn der Sauger nicht untermotorisiert ist – 30 PS mehr machen bei einem 1.090-Kilo-Cabrio einfach den Unterschied." Dass Fetzers Wagen die Basisversion ist, sieht man schon am fehlenden Heckspoiler, den es nur beim XR2 gab.

Mercury Capri 1.6 (1992) Foto: Maximilian Balázs

Das Interieur wurde von Italdesign entworfen.

Cruisen statt rasen

Schon beim Einsteigen fällt der US-Charakter auf: weiche Ledersitze, erstaunlich viel Platz, ein zerklüftetes, kantiges Armaturenbrett mit 90er-Jahre-Charme. Als Youngtimer-Fahrer fühlt man sich sofort zuhause.

Zeit, den Aussie-Amerikaner auf die Straße zu lassen. Sonnenbrille auf, Zündschlüssel drehen – der Vierzylinder meldet sich mit trockenem, kernigem Ton. Der erste von fünf Gängen will mit etwas Nachdruck eingelegt werden, dann rollt der Capri los – sanft und unaufgeregt.

Schon nach wenigen Metern schalten wir in den Cruiser-Modus. Ob es an der weichen Federung oder einfach am Flair liegt – der Mercury versprüht echtes Feierabendgefühl. Mit direkter, leichtgängiger Lenkung und merklicher Seitenneigung rollt er durch die Kurven. Der Sauger liefert ausreichend Schub für zügiges Vorankommen, aber hohe Drehzahlen mag er nicht. Sein knochiges Laufgeräusch würde nur unnötig das "California Dreamin’"-Feeling stören.

Der Wind streicht sanft ums Gesicht, der linke Arm liegt lässig auf der Tür – freie Fahrt in den Sonnenuntergang. Nur eine Kassette mit Country-Songs fehlt noch, um das USA-Klischee perfekt zu machen.

Auch Gerhard Fetzer genießt diese entschleunigte Art des Fahrens: "Er hat alles, was ich brauche, fährt sich super und ist dabei ein echter Hingucker. Ich habe den Kauf nie bereut – und hergeben werde ich ihn ganz sicher nicht."

Technische Daten

Motor:

Typ B6D, wassergekühlter Vierzylinder-Reihenmotor, vorne quer eingebaut, Bohrung × Hub 78 × 83,6 mm, Hubraum 1.598 cm³, Leistung 105 PS (77 kW) bei 5.750 U/min, maximales Drehmoment 130 Nm bei 5.250 U/min, Verdichtung 9,4 : 1, vier Ventile pro Zylinder in V-Anordnung, zwei zahnriemengetriebene obenliegende Nockenwellen, hydraulische Tassenstößel, fünffach gelagerte Kurbelwelle, Motorblock aus Grauguss, Zylinderkopf aus Aluminium, elektronische Benzineinspritzung Bosch L-Jetronic, variables Saugrohrsystem VICS, Ölfüllmenge 3,6 Liter

Kraftübertragung:

Fünfgang-Schaltgetriebe, optional Viergang-Automatikgetriebe, Vorderradantrieb

Karosserie und Fahrwerk:

Selbsttragende Karosserie aus Stahlblech, vorne Federbeine mit unteren Dreiecksquerlenkern, hinten Federbeine mit Längslenkern und doppelten Querlenkern, Querstabilisatoren vorne und hinten, Teleskopstoßdämpfer, Servounterstützte Zahnstangenlenkung, Scheibenbremsen vorne und hinten mit Bremskraftverstärker, Felgen 5,5 oder 6 J × 15, Reifen 195/50 HR 15.

Maße und Gewicht:

Radstand: 2.405 mm, Länge × Breite × Höhe: 4.245 × 1.595 × 1.280 mm, Leergewicht: 1.090 kg, Tankinhalt: 42 Liter

Fahrleistungen und Verbrauch:

Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h: 13 Sekunden, Kraftstoffverbrauch (je nach Fahrweise): 6–11 Liter pro 100 km

Bauzeit und Produktionszahl:

Bauzeit des Mercury Capri SA30: 1991 bis 1994, Gesamtproduktion: 66.279 Exemplare

Karosserie-Check

Der Capri wurde in erster Linie für australisches Wetter konzipiert, weshalb die Rostvorsorge miserabel ist. Vor allem an den vorderen Kotflügeln, dort, wo die Schmutzfänger verschraubt sind, blühen Mercury Capri oft. Außerdem rosten die Cabrios im Fußraum auf der Beifahrerseite, auch der Benzintank neigt zur Rostbildung. Die Kunststoffverdecke werden mit der Zeit spröde und rissig. Ersatz lässt sich in Deutschland aber leicht beschaffen. Mit den selteneren Hardtops gibt es für gewöhnlich keine Probleme.

Technik-Check

Die Mazda-Motoren wurden von Ford leicht verändert, und so tauchen häufig Probleme mit der Ventildeckeldichtung und den Zahnriemen auf, wenn sie falsch repariert werden. Die Ölpumpen fallen mitunter aus, und beim 105-PS-Benziner streikt manchmal das Steuergerät für den Zündverteiler. Wegen des zu geringen Schutzes vor Feuchtigkeit kommt es immer wieder zu Korrosion an Kontakten und infolgedessen zu Ausfällen bei der Elektrik.

Preise

Classic-Analytics-Preis 2025 (Zustand 2/4): 7000 / 2500 Euro

Bei Einführung 1991 (Mercury Capri 1.6) :
38.500 DM
Bei Produktionsende 1994 (Mercury Capri 1.6) :
38.500 DM

Ersatzteile

Die Ersatzteillage ist nicht besonders rosig. Verschleißteile bekommt man zwar in der Regel leicht, und auch neue Cabrioverdecke sind problemlos bestellbar. Aber Karosserieteile sowie Ersatz für Interieurkomponenten sind praktisch nicht mehr verfügbar.

Schwachpunkte

  1. Rost an vorderen Kotflügeln
  2. Ölpumpe
  3. defekte Elektrik
  4. Rost im Fußraum
  5. Zündverteiler
  6. Ventildeckeldichtung
  7. Zahnriemen
  8. Rost am Benzintank
  9. verschlissene Antriebswellen
  10. verschlissenes Verdeck

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage