Opel Manta A

Nostalgische Zeitreise mit dem Kult-Coupé

Der Opel Manta A und ich verbringen eine gemeinsame Nacht, so wie vor 30 Jahren, als wir oft zwischen Ratingen und Ennepetal unterwegs waren – wegen der Liebe und der Freude am Autofahren.

Opel Manta A, Exterieur Foto: Dino Eisele 11 Bilder

Wir schwelgen im Luxus. Also der Manta und ich. Weil er eine Berlinetta ist. Doch eigentlich müsste jeder Manta eine Berlinetta sein, das Wort heißt auf Italienisch "kleine Limousine", also "Coupé". Bei Opel bezeichnet es eine gehobene Ausstattungsvariante, und das bedeutet im Fall des Manta A Vinyldach, Türtafeln und Cordpolster in Wagenfarbe, dazu Holzfurnier-Dekor im Interieur.

Derlei Luxus gab es in meinem Manta nicht. Der war zitronengelb, Basisausstattung mit Sitzen ohne Kopfstützen, angetrieben vom 68 PS starken 1.6-N-Motor. Da erscheinen auch die 90 PS des royalroten Exemplars aus der Opel-Sammlung verschwenderisch. Aber vielleicht ist es ganz gut, dass ich Ende der 80er-Jahre nur über 68 PS verfügte, obwohl ich mir damit keineswegs langsam vorkam. Der Manta A war das erste einigermaßen sportliche Auto, das ich mir leisten konnte. Rahmenlose Scheiben, runde Heckleuchten, hallo! Und ein Schalthebel, der vorwitzig schräg aus dem Getriebe ragte, wie bei einem Alfa Romeo. Auf der Autobahn lief er Tacho 160, um einiges schneller also als die Renault und Kadett, die ich vorher fuhr.

Über die Wupper

Ich probierte es oft aus, denn der Manta und ich, wir fuhren gern von Ratingen nach Ennepetal. Nicht selten nachts, da waren die Straßen leer. Meine Freundin und ich gingen noch zu Schule und Uni, die Nächte waren lang. 50 Kilometer, erst über schmale Landstraßen, danach über die A 46, die sich für einige Kilometer oberhalb von Wuppertal durchs Bergische schlängelt. Und dann noch ein paar Kilometer bis in eine ruhige Wohngegend, in der der Manta nur einmal richtig störte: in der Nacht des gerissenen Auspuffkrümmers.

Opel Manta A, Interieur Foto: Dino Eisele
Der 1900 hat ja Startautomatik. Etwas Gaspumpen, Schlüsseldreh, so geht das heute immer noch.

Ich fuhr nicht richtig auf Zeit, aber jedes Mal, wenn ich startete, blickte ich auf meine Poljot-Handaufzugsuhr (für Kenner: Kaliber 3133). Manchmal schafften wir es in gut 45 Minuten. Von Haustür zu Haustür. Heute ist das unmöglich, nicht nur, weil es noch zu früh ist. Die Sonne scheint schräg durch die Wolken in Ratingen, es sieht aus, als könnte es später regnen. Im Manta taumeln die Erinnerungen wie Herbstblätter aus dem Dachhimmel (beim Berlinetta ebenfalls in Wagenfarbe). Ich setze mich hinters Lenkrad, die linke Hand findet den Griff der Sitzverstellung, bevor ich bewusst danach suche. Schlüssel rein, Choke? Ach nein, der 1900 hat ja Startautomatik. Etwas Gaspumpen, Schlüsseldreh, so geht das heute immer noch. Der CIH-Vierzylinder springt an, das heißt, einer der Zylinder ziert sich ein wenig, gesellt sich etwas später hinzu.

Die ersten Kilometer durch die Stadt sind unverändert. Ein paar Ampeln, links das Stadttheater, rechts der Musiksaal, in dem sich damals meine Gitarrengruppe traf. Und bald die Straße nach Mettmann, unter der Autobahn hindurch, den Berg hinauf. Erst kommt das Geschlängel entlang des Schwarzbachs. Wenn man sehen kann, dass kein Gegenverkehr kommt, geht es fast voll.

Oh nein, sie haben die Reitstall-Kurve umgebaut. Aus der engen Rechts-links-Kombination ist ein geschwungenes Bergaufstück geworden. Von Mettmann her tröpfelt etwas Verkehr entgegen. Zweiter, Gas, der Manta schiebt bergauf. Das ging auch mit 68 PS nicht schlechter, denke ich, aber womöglich verklären die Jahre etwas den Fahreindruck meines Basismodells. Der Streckenverlauf ist präsent: die lange Gerade bergauf in Richtung Nussbaumweg mit der Schulschikane. Wenn du in die andere Richtung nach Westen führest, könntest du in der Ferne die Schlote von Oberhausen und Duisburg unterm Abendhimmel sehen.

Angekommen in Ennepetal

Heute fahren der Manta und ich nach Osten. Doch auch hier ist nicht alles so geblieben, wie es war. Das alte Schulgebäude gibt es nicht mehr, die Engstelle ist nun in beide Fahrtrichtungen gleichzeitig passierbar. Von hinten leuchtet die untergehende Sonne durch die Heckscheibe, wir überqueren die A 3, unter uns staut sich der Abendverkehr.

Eine Umgehungsstraße umkurvt Mettmann, früher ging es mitten durch die Stadt. Wir wählen den alten Weg, aus Nostalgie – und weil es dem Manta und mir mehr Zeit gibt, uns aneinander zu gewöhnen. Radio? Hatte ich damals ein Radio im Manta? Ich weiß es nicht mehr. Vermutlich eines ohne Sendersuchlauf oder Kassettenteil. Erträgliche Musik spielte eigentlich nur SWF 3, die Sendung "Lollipop" hat mich damals oft durch die Nacht begleitet. Auch im Manta? Möglicherweise. Vergessen.

Opel Manta A, Exterieur Foto: Dino Eisele
Der Manta-Tank fasst 46 Liter, doch manchmal tankten wir nur für zehn Mark.

Dafür fällt mir wieder die Nebelnacht von Mettmann ein, als ich auf der Heimfahrt in eine so dicke Nebelsuppe tauchte, dass ich mich stundenlang im Schritttempo am Bordstein entlang nach Westen hangelte, bis der Nebel auf einmal weg war.

Ein Blick auf die Tankanzeige, sie hat noch nicht gezuckt. Später rechne ich nach dem Tanken aus, dass dieser Manta rund zehn Liter verbraucht haben muss. So wie mein 1,6er. Es kam vor, dass ich nur zehn Mark zum Tanken übrig hatte, zehn Liter Benzin, gerade genug für einmal Ennepetal und zurück. Nach Mettmann wird es dunkel, das Kreuz Sonnborn ist die nächste Landmarke, früher von 656 Natriumdampflampen orange erhellt wie eine belgische Autobahn, heute stockdunkel. Und es beginnt zu regnen. Nicht ungewöhnlich für Wuppertal. Bei Stau auf der A 46 fuhren wir durch Elberfeld und Barmen, so wie in dieser Nacht. Der 90-PS-Vierzylinder schnurrt, beim Zurückschalten gebe ich Zwischengas, das habe ich mir damals so angewöhnt. Die Wischerärmchen versuchen, den bergischen Landregen wegzuschieben, und zwei H4-Lampen leuchten trübe auf nasse Büsche und weiß-schwarze Fachwerkfassaden.

Es scheint fast, als fände der Manta den Weg von ganz alleine. Unter der Schwebebahn hindurch über die Wupper, nach Schwelm, vorbei am Autohaus Bitter in die Stadt. Wir sind angekommen. Der Manta knistert sich unter einer Laterne kühl. Klingeln? Lieber nicht. Die Jugend ist kein Ort, zu dem man einfach so hinfahren kann. Das ist geklaut, und außerdem habe ich es bereits einmal geschrieben. Es stimmt dennoch, sogar wenn man es mit einem Opel Manta A versucht.