Peugeot 205 XS und GTI

So spaßig sind die legendären Kleinwagen heute

Von Mühlhausen nach Genf in zwei ganz unterschiedlichen Peugeot 205. XS und GTI. Was für eine herrliche Zeitreise! Ganz ohne muffige Nostalgie. Dafür mit jeder Menge Spaß. Auch am Fahren!

Peugeot 205 XS Foto: W. Groeger-Meier 23 Bilder

Unverhofft kommt oft. Na okay, manchmal. So wie an diesem durchwachsenen Montag. Um halb fünf aufgestanden und nach zweimal umsteigen im verregneten Mulhouse aufgeschlagen. Aber dann: Peugeot lädt zum Roadtrip nach Genf. Mit einer Handvoll 205ern. Klingt jetzt nicht sooo feurig. Doch dann siehst Du sie da stehen, den weißen CTI, den schwarzen GTI, den roten XS und beim Einparken noch weitere Spielkameraden. Und schwupp ist es da, das Gefühl. Fahren wollen. Jetzt. Der 205 war bei seiner Premiere im Jahr 1983 nichts weniger als der Retter von Peugeot. Nur, dass er auf vier schmalbrüstigen Reifen daherkam und nicht auf einem stolzen Ross. Rösser versammelt er übrigens in höchst unterschiedlicher Anzahl und Qualität unter seiner Haube. Vom Einliter-Basismotor mit schüchternen 45 PS bis zum GTI, der in seiner 1,9-Liter-Version bis zu 128 PS lockermachte. Diesel gab es auch, unzerstörbare 1,8- und 1,9-Liter. Die sind heute aber nicht am Start.

XS? Nicht auf dem Schirm. Bis jetzt!

Peugeot 205 XS Foto: W. Groeger-Meier
So einen XS kennt nicht jeder. Macht aber Spaß, der Kleine.

Wohl aber ein XS. XS. Soso, als Nicht-Markenprofi weiße Zone auf der Automobilen Landkarte. Doch das Terrain ist schnell erobert. GTI-ähnliche Sportsitze die sich in einen grauen, sehr wolligen Bezug kleiden. Das schreit der Stil aus jeder Naht. Hammer. Und der Motor? Nun, so ein 1,4 Liter großer Sauger macht den Connaisseur ja nicht auf Anhieb wuschig. Doch schon auf den ersten Metern kommt das Grinsen. Die Kupplung rückt ein, der Vierzylinder packt zu wie in seinen besten Tagen. Damals, als sie in Douvrin-La-Bassé 3450 Stück pro Tag vom Band schubsten. Trotz Zentraleinspritzung und Katalysator pfeift der Kerl auf den heutigen emissionsreduzierenden Euro-soundso-Beschnitt, brummt einfach voran. Aber so ein Saugmotor braucht doch immer richtig Drehzahl, oder? Och, nicht zwingend. Leichtes Auto, kurze Übersetzung, fertig ist der authentische Spaß. Wahnsinn. Bescheidene 75 PS, aber maximaler Fahrspaß. Wir sagen nur: 839 Kilogramm. Für ein richtiges Auto mit vier Sitzen, Heizung und Stereoanlage. Die bleibt erstmals aus, das Radioprogramm ist doof und die Cassetten habe ich zuhause im Keller vergessen.

Die Beschäftigung mit dem XS eröffnet einen neuen Kosmos

Peugeot 205 GTI Foto: W. Groeger-Meier
Jörn Thomas findet im 205 GTI Gefallen am einfachen Auto.

Arrangier dich mit dem langen Taktstock des etwas hakigen Fünfganggetriebes und dir eröffnet sich ein neuer, besser: ein verloren geglaubter Kosmos. Vor allem dann, wenn du sonst nur mit aktuellen Autos unterwegs bist. Es gibt ein Leben ohne Fahrerassistenz, Turboaufladung, Direkteinspritzung und elektrischem oder elektronischen Overkill. Ohne dass sich die Nummer nach Steinzeit anfühlt. Im Gegenteil, der 205 ist knackfrisch. Große Glasflächen mit Top-Übersichtlichkeit und ein zurückhaltendes Cockpitlayout sind prinzipiell nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Niedriges Gewicht macht beweglich und agil – ganz ohne Muskelberge. Die 165/70 13 erfordern auch ohne Servo keine Muckis. Gelassen schaut man den Instrumentennadeln beim Bewegen zu, genießt den metallisch-nasalen Klang des Motors, der unter Last in bissigeres Brummen rüberwechselt. Bis 4000 zu drehen genügt subjektiv, und tatsächlich hat er da seine 109 Newtonmeter zusammengeklaubt. So hat der XS die Landstraße im Griff, kommt auch mit den Steigungen um den Genfer See super klar. Eine gekonnte GT-Auslegung ohne die ernsthaft sportliche Attitüde des GTI. Ohne unsportlich zu sein, immerhin wusste auto motor und sport im Test 1988, dass die Leistung einst einem Porsche zu Ehre und Temperament verhalf und die Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h auch den Porsche 365 auszeichnete. Nullhundert in 11,6! Noch Fragen? Keine.

Peugeot 205 GTI 1,9 – Jetzt wird’s ernst

Peugeot 205 GTI Foto: R. Gargolov
Der 1.9 GTI baut richtig Dynamik auf.

Du scheuchst den 903 Kilo leichten Zweitürer durch die Kurven. Das straffere Fahrwerk kann richtig Dynamik, die Reifen bauen tüchtig Grip auf. Wobei der tapfer querbeschleunigende GTI irgendwann ganz schön Haltekraft an der servofreien Lenkung verlangt, die noch dazu stößig auf Unebenheiten reagiert. Ist halt schon ein ernsthafter Typ, der GTI. Fester Händedruck statt charmante Umarmung. Und Obacht vor bussi bussi mit der Straßenumgebung. Das Angebot sämtlicher 205, offensiv auf Lastwechselangebote einzugehen, lassen wir heute mal außen vor, bleiben auf der sicheren Seite. Das gute Stück gehört uns schließlich nicht. Wer will nach Kaltverformung schon in die Augen des tief enttäuschten Besitzers blicken. Sofern das überhaupt noch geht, unendliches Vertrauen baut die filigrane Karosserie diesbezüglich nicht auf. Statt in Airbags zu kuscheln kommen dir das Lenkrad und der Rest des Wagens vermutlich schneller entgegen, als dir lieb ist. Hinzu dürfte radikales Karosserie-Origami kommen. Kollege Sebastian Renz kann immerhin einen lastwechselanimierten Botanik-Ausflug mit dem XS beisteuern. Tatort: Kühler Grund. Aber erst am Ende der kurvigen Sektion wie er betont und ergänzt: „Ich bin samt Beifahrerin von selbst wieder aus dem Feld rausgekommen. Und gekauft habe ich den Wagen auch.“ Es war nämlich die Probefahrt. Nun gut, setzten wir unsere einfach mal unkommentiert fort. Es gibt schließlich noch was zu entdecken.

Heute ist nicht alles schlecht

Zum Beispiel, dass heute nicht alles schlecht ist. Doch früher auch nett war. Zum Beispiel das Glasdach mit den beiden fummeligen Stoffrollos (damals für 610 Mark extra). Oder die Sportsitze mit der absurd niedrigen Kopfstütze, den coolen Stoffmittelbahnen und den lederbezogenen Wangen. Herrlich. Und erst das griffige Lederlenkrad. Klar haut die Leistung den 1,9-Liters heute niemanden mehr aus den Socken, doch erstaunlich ist es schon, wie mühelos der Motor mit dem nach heutigen Maßstäben fast frugalen GTI umspringt, obwohl das Drehmoment von 161 Newtonmetern erst bei 4750/min anliegt. Der historische Test von 1987 liefert die Erklärung: eine flach verlaufende Kurve. Zwischen 2200 und 6000/min fällt sie nie unter 146 Newtonmeter. Alles klar? Abgesehen davon kann man den 1,9-Liter drehen, muss aber nicht. Eigentlich ist die Messe bis spätestens 5500 gelesen. Ach ja, und preiswert war der GTI 1987 auch noch: Einen Kubikzentimeter gab es für 12,80 Mark, bei der Ente von Citroën waren es 14,50 Mark.

Heute sind sie selten geworden, die guten 205. Solche wie unsere beiden Exemplare. Und welchen würde man nun nehmen, wenn man könnte? Überraschend: den XS. Verlang wenig und gibt dennoch alles. Freude, Dynamik, Entspannung, Stil. Und keiner hat ihn auf dem Schirm, den roten Geheimtipp mit seinen lebendigen 75 PS und dem sensationellen Stoffbezügen. Nach der Ankunft bloß schnell aussteigen und weggehen. Nicht mehr umdrehen. Sonst schaffe ich es nicht. Immerhin: ein Platz in meinem Herzen und der Mobile-Garage ist ihm von jetzt an sicher. Au revoir!