Peugeot 205 T16 Rallye Tour de Corse 1984

Warum Peugeot dem Audi Quattro überlegen war

1984 auf Korsika brachte Audi mit dem Sport Quattro die nächste Eskalationsstufe seiner übermächtigen Rallye-Rakete an den Start. Aber Neueinsteiger Peugeot hatte bei der ersten Asphalt-Rallye der Saison etwas viel Schärferes dabei.

Peugeot 205 T16 Rallye Tour de Corse 1984 Foto: Norbert Schroeder 15 Bilder

Es hätte die ganz große Audi-Show sein sollen. Fast einen Monat hatte Walter Röhrl auf der Mittelmeerinsel Korsika getestet, um die eine, die einzige Schwäche abzuschaffen, die der Quattro bis dahin hatte: Das Auto konnte keinen trockenen Asphalt. Von jenem Röhrl in Monte Carlo zwei Mal mangels Schnee von einem Opel und einem Lancia gedemütigt, musste ein besseres Einlenkverhalten her. Die schiere Länge des bayerischen Coupés wäre zu verschmerzen gewesen, wenn die Piloten den Elefanten wenigstens mit beherztem Zug am Handbremshebel zur Tanzmaus hätten machen können, aber der starre Durchtrieb verhinderte jedes Stillstehen der Hinterräder, ohne dass auch die vorderen blockierten.

Piëch hielt am frontlastigen Konzept fest

Audi Sport Quattro 1984 Foto: Audi
Audi hatte den Quattro um 32 Zentimeter gekürzt und den Fünfzylinder kräftig getunt.

Weil Entwicklungschef Piëch am grundsätzlichen Serien-Konzept mit eben jener unverrückbaren Fifty-Fifty-Kraftverteilung und dem Frontmotor festhalten wollte, hatten die Ingenieure einfach 32 Zentimeter hinter der B-Säule des Quattro weggeschnitten. Mit verkürztem Radstand lenkte das Auto plötzlich so gut ein, dass es kaum mehr geradeaus fahren wollte. Weil die Legende sagt, auf Korsika messe auch die längste Gerade keine 100 Meter, schien der offiziell Sport Quattro getaufte Kurze wie gemacht für dieses Straßenlabyrinth.

Neben einer breiteren Spur bekam das Auto auch noch einen dickeren Turbo und einen Vierventilkopf spendiert. Mit 450 grimmigen PS und der Kraftentfaltung einer Handgranate wurden selbst unscheinbare Kürvchen zu tückischen Haarnadeln. Audi behielt sich neben drei langen Quattros den Start des kurzen bis einen Tag vor dem Rallye-Beginn vor. Piëch selbst linste in die Brennräume des geöffneten Fünfzylinders, der nach 4.500 Testkilometern wie neu aussah.

Ausfall statt Aufbruch in eine neue Ära

Audi und Röhrl starteten also die nächste Brennstufe ihrer Rakete, und es hätte eine tolle, pathetische Geschichte vom Aufbruch in eine neue Ära und eine heroische über das Besiegen des vierjährigen Asphalt-Fluches werden können, aber es war am Ende eine prosaische Kurzgeschichte, die dank eines versagenden Thermostats von horrender Öltemperatur schon auf der ersten Prüfung kündete, von der Degradierung eines Kraftpakets zur Luftpumpe und dem Ende des angestochenen Aggregats nach nur sieben von 30 Prüfungen.

Debüt für den Peugeot 205 T16

Peugeot 205 T16 Foto: Daniel Roeseler
Peugeot hatte mit dem 205 T16 ein heißes Rallye-Eisen geschmiedet.

Und so schrieben andere die ganz große Story, die vom besseren Quattro mit ausgewogenerer Gewichtsverteilung dank Mittelmotor, besserer Balance dank langem Radstand und kurzen Überhängen, von besserer Dosierbarkeit der Leistung dank kleinerem Lader und die vom Ende des nervigen Untersteuerns dank einer variablen Kraftverteilung. Der Peugeot 205 Turbo 16, der wie der Sport Quattro sein Debüt an diesem Mai-Wochenende gab, war der bessere Quattro.

Aus Lokalpatriotismus hatte Röhrl ein Angebot der Franzosen ausgeschlagen, obwohl er von Teamchef Jean Todt und seinem Konzept viel überzeugter war als von den nur 60 Kilometer von seinem Zuhause entfernten Ingolstädtern. In den Annalen mutet der vierte Platz des alten Schlachtrosses Jean-Pierre Nicolas eher dürftig an, aber zum einen war der kleine Gallier mit der Knubbelnase zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon in Rallye-Rente. Nach seiner Hochzeit mit den Alpines in den frühen Siebzigern und späten Erfolgen mit Porsche in den späten Siebzigern zog sich der Mann aus Marseille für die Entwicklung des Projekts 205 noch einmal den Helm an. Nach kleineren technischen Gebrechen und einem Plattfuß war an einen weiteren Sieg für den 39-Jährigen nicht zu denken.

Vatanen schmiss den Peugeot weg – und seinen sicheren Sieg

Peugeot 205 - Rallye Monte Carlo Foto: xpb
Ari Vatanen - hier bei der Rallye Monte Carlo 1985 - war mit dem 205 schnell unterwegs. Manchmal zu schnell.

Das hätte ja auch der Jungspund erledigen sollen. Ari Vatanen, Weltmeister 1981 und mit 32 im perfektem Alter für nach wie vor schnelle Reflexe und erhöhte Risikobereitschaft einerseits und genügend Ruhe und Erfahrung auf der anderen Seite, ließ die Rennsport-Raketen von Lancia die ersten Bestzeiten fahren, Nachdem er sich auf Sportgerät und Sportstätte hinreichend eingeschossen hatte, klatschte der Finne die Konkurrenz um Minuten ab. Ohne sich sonderlich anzustrengen, führte er nach zwei Dritteln der Distanz mit sechs Minuten – ebenso viel wie Hannu Mikkola 1981 in Monte Carlo. Und wie beim Debüt des Audi Quattro wurde allen Beteiligten mit einem Schlag klar, dass dies und kein anderer der Weg war.

Klar, auch Renault und Lancia hatten schon lange Mittelmotorautos, aber das waren die typischen Heckschleudern, die auf unsolidem Untergrund sofort ins Schwänzeln kamen. Der Peugeot dagegen war die perfekte Mischung aus Heckschleuder und Traktionsmonster. Dass Vatanen auf einer Pfütze ausrutschte und selbst nicht mehr wusste, wie viele Purzelbäume er geschlagen hatte, tat der Legende keinen Abbruch. Bei jedem seiner drei weiteren Starts in Finnland, San Remo und Wales siegte er mühelos. In den beiden letzten, den eskalierenden Jahren der Gruppe-B-Ära, holte Peugeot zwei Mal die Marken-WM und mit Timo Salonen und Juha Kankkunen auch die Fahrer-Titel. Audi hatte trotz 600 PS, halbautomatischen Getrieben und gewaltigen Luftleitwerken keine Chance.

Lachender 1. und 2.: Lancia 037

Motorsport Images/Bettega
Lancia gewann die Rallye mit zwei 037.

In Korsika durfte 1984 noch einmal die heile, alte Rallyezeit aufblühen. Jean Ragnotti stand mit dem Renault 5 Turbo zum sechsten Mal auf dem Treppchen, Lancia holte mit Markku Alén und Massimo Biasion einen Doppelerfolg. Für die Italiener war es trotzdem nicht wirklich ein Grund zum Feiern. Der kompressorbeatmete 037, den Walter Röhrl Anfang 1983 noch als das perfekte Rallyeauto feierte, war keine anderthalb Jahre später ein aus der Zeig gefallenes Museumsexponat. Es siegte niemals wieder.