Pontiac Trans Sport GT

Was wurde eigentlich aus dem Mini-Van von GM?

Er sieht heute noch aus wie eine Van-Designstudie, die aus Versehen beim Gebrauchtwagenhandel gelandet ist. Doch mehr als eine Handvoll Exemplare stehen selten zum Verkauf.

Pontiac Trans Sport GT, Exterieur Foto: Hardy Mutschler 7 Bilder

Es hätte ja auch gut gehen können. GM suchte Mitte der 80er nach einem Auto, das dem Chrysler-Überraschungserfolg Voyager etwas entgegenzusetzen hatte. Auf der New Yorker Auto Show 1986 zeigte Pontiac eine wegweisende Designstudie, einen windschlüpfigen Van mit Flügeltüren, großflächigem Glasdach und fest eingebauter Nintendo-Spielekonsole. Die Zukunft konnte anbrechen.

Die ließ sich dann aber noch drei Jahre Zeit, das Serienmodell kam zum Modelljahr 1990, mit leicht verwässertem Design, konventionellen Türen, einem Kunststoffdach sowie einem gusseisernen 3,1-Liter-V6. Der lieferte milde 121 PS an die Dreigang-Hydramatic, keinesfalls zu viel also.

Im ersten Test maß auto motor und sport die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 14,5 Sekunden. Das galt schon 1990 als nicht übermäßig lebhaft. So resümiert Autor Clauspeter Becker, der Trans Sport verlange auch von seinem Besitzer die Gelassenheit des Reisens, die er beim Fahren vermittle. Ansonsten aber fand der erfahrene Tester Gefallen an dem ungewöhnlichen Van. Das gute Raumangebot, die hohe Variabilität dank der herausnehmbaren Sitze und der sanftunauffällige Sechszylinder, das war damals eine sehr ungewöhnliche Kombination. Sie ist es eigentlich auch heute noch, wenn man denn einen Trans Sport in akzeptablen Zustand findet. Die gängigen Kaufbörsen im Internet führen meist nicht mehr als drei bis fünf Exemplare auf, kaum eines kostet mehr als 1.000 Euro. Und es sieht dann auch noch so aus, als koste es weniger als 1.000 Euro.

Edel-Van als Oldsmobile

Pontiac Trans Sport GT, Exterieur Foto: Hardy Mutschler
Der Pontiac war in Deutschland kein billiges Auto. Rund 50.000 Mark kostet er bei der Markteinführung.

Nach kurzer Beliebtheit zum Marktstart flachte die Verkaufskurve sowohl auf dem heimischen als auch auf dem viel kleineren Europamarkt rasch ab. Daran konnten das bald nachgeschobene Facelift und eine größere Antriebspalette wenig ändern.

Nicht unerheblichen Anteil daran hatte die etwas wirre Markenpolitik des GM-Konzerns. Den Van gab es auch als Chevrolet Lumina für den unteren Preisbereich sowie als Premium-Version namens Oldsmobile Silhouette. Doch die meisten wurden als Pontiac verkauft. Was wiederum den üppig ausgestatteten Oldsmobile Silhouette zu einer ganz besonderen Rarität macht – die freilich hierzulande so gut wie nie angeboten wird. In der Elmore-Leonard-Verfilmung "Get Shorty" spielt ein schwarzer Silhouette als Mietwagen für John Travolta übrigens eine prominente Rolle, als "Cadillac unter den Mini-Vans", wie Travolta im Film sagt.

Da sich der Silhouette allenfalls als Reisesouvenir aus dem US-Urlaub anbietet, bleibt uns also nichts anderes übrig, als hier nach einem Trans Sport zu suchen. Zuallererst gilt es dabei, die Vierzylinder-Benziner- und -Dieselausführungen zu meiden. Nur als V6 mit Automatik entfaltet der futuristische Van seinen Charme. Zudem sind die großvolumigen Sechszylinder ausgesprochen robust und langlebig.

In amerikanischen Foren kursieren Geschichten eines Pharmaunternehmers, der mehrere Trans Sport mit fest eingebauter Bleibox zum Transportieren radiologischer Medizinprodukte nutzte. Erst bei deutlich über einer halben Million Meilen waren die Pontiacs am Ende und wurden zusammen mit den fest eingebauten Boxen als schwach radioaktiver Abfall in Salzbergwerken entsorgt.

Pontiac Trans Sport GT, Interieur Foto: Hardy Mutschler
Die Dreigangautomatik mit Lenkradwählhebel passt besser zum sanften Pontiac als ein Schaltgetriebe.

Lange kursierte auch das Gerücht, der Trans Sport könne wegen seiner Kunststoffkarosserie nicht rosten. Die Karosse rostet nicht, klar, umso mehr jedoch die Bodengruppe und der gesamte stählerne Unterbau, denn der Trans Sport ist ähnlich aufgebaut wie der mittelmotorige Pontiac Fiero.

Ebenso oft zu beobachten: verschlissene Traggelenke, durchgerostete Fahrwerksteile, abgenudelte Innenräume und elektrische Fehlfunktionen. Anscheinend waren die meisten Trans-Sport-Nutzer nicht sonderlich wartungsaffin. Dabei war der Pontiac in Deutschland kein billiges Auto, rund 50.000 Mark kostet er bei der Markteinführung, mithin etwa so viel wie ein gut motorisierter W 124. Sollten Sie also einen der raren guten Exemplare auftreiben, greifen Sie ruhig zu. Einen ausgefalleneren und nutzwertigeren Youngtimer werden Sie schwerlich finden.

Und falls Sie weitere Gründe benötigen, um sich für einen Trans Sport oder noch besser Silhouette zu entscheiden: Es gibt seit dem letzten Jahrzehnt keine neuen Pontiac oder Oldsmobile mehr, GM sei’s geklagt. Wenn das mal kein Ansporn ist!