Porsche 911 G-Modell (1974-89) Kaufberatung
Welchen Elfer Sie jetzt kaufen sollten
Die zweite Baureihe des Porsche 911 strahlt noch viel vom Charme des Urmodells aus. Hinzu kommt: Die G-Modelle mit den charakteristischen dicken Stoßstangen sind ausgereift, alltagstauglich und robust. Zumindest einige Versionen gibt es noch immer vergleichsweise günstig.
18.10.2018 Klaus Finkenburg
Foto: Hans-Dieter Seufert
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Das im Modelljahr 1974 eingeführte Nachfolgemodell der F-Serie zeichnete sich erstmals durch deutliche optische Veränderungen aus. Obwohl die Grundform der Karosserie nicht angetastet wurde, wirkte der 911 G deutlich gestreckter, was vor allem an den neu gestalteten, kastenförmigen Stoßfängern mit seitlichen Faltenbälgen und integrierten Blinkern lag. Die neue Optik traf den Nerv der Zeit, so sehr, dass in den nächsten Jahren mancher ältere Neunelfer der Optik des G-Modells angepasst wurde. Immer mal wieder werden solche Umbauten noch heute angeboten. In neuerer Zeit wurde bisweilen der umgekehrte Weg gegangen, G-Modelle also auf das nostalgischere 60er-Jahre-Design des F-Modells umgebaut.
Wie beim Vorgänger hatte sich beim G-Modell eine eigentlich nicht korrekte Bezeichnung eingebürgert. Jedes Modelljahr nämlich wurde intern mit den aufeinanderfolgenden Buchstaben des deutschen Alphabets bezeichnet, "G-Serie" steht für das Modelljahr 1974. Ab dem Modelljahr 1980 sprach Porsche intern von "Programm", wiederum beginnend mit "A", das "I" wurde ausgelassen, ab dem Modelljahr 1988 wurde also das "J-Programm" gefertigt.
Historie
Das G-Modell wurde rund 15 Jahre lang gebaut; während dieser Zeit flossen zahlreiche Änderungen in die Serie ein. Ausgehend von 2,7 Litern, wuchs der Hubraum bei den Saugmotoren schrittweise auf zuletzt 3,2 Liter. Der Anteil der verchromten Teile an der Karosserie sank im Laufe der Bauzeit auf null, selbst der Bügel des Targa war ab Herbst 1979 bei allen Fahrzeugen schwarz. Ab Modelljahr 1981, erkennbar an kleinen, seitlich an den Kotflügeln angebrachten Zusatzblinkern, waren nicht mehr lediglich die tragenden Blechteile verzinkt, sondern die gesamte Karosserie. Porsche verlängerte die Garantie gegen Durchrostung von sechs auf nunmehr sieben Jahre, 1986 wurde sie sogar auf zehn Jahre erweitert. Automobilgeschichte schrieb Porsche mit dem 1975 eingeführten 911 Turbo, seinerzeit das schnellste Serienfahrzeug.
Karosserie-Varianten
Mit den neu gestalteten Stoßstangen, mit denen die gesamte Serie ausgestattet ist, tat Porsche einer neuen US-Vorschrift Genüge, der zufolge eine Kollision mit einer Geschwindigkeit von bis zu 8 km/h keine Schäden am Fahrzeug verursachen durfte. In die Stoßfänger von US-Exportfahrzeugen wurden elastische Pralldämpfer integriert, Neunelfer für andere Märkte waren mit deformierbaren Prallrohren ausgestattet, die nach einer Kollision ausgetauscht werden müssen. Die Basismodelle, also das Coupé und der Targa, blieben bis zum Produktionsende im Programm. Eine kleine Sensation war eine im Modelljahr 1983 nach fast 20 Jahren erstmals wieder eingeführte Cabrio-Version.
Technische Basis war der 911 SC. Die Karosserie war vom Targa abgeleitet, durch strukturelle Verstärkungen wurde der offene 911er zu einem der verwindungssteifsten Cabrios seiner Zeit, eine spezielle Verdeckkonstruktion verhinderte das Aufblähen des Dachs beim schnellen Fahren. Zum Modelljahr 1984 wurde der SC vom 911 Carrera mit 3,2 Litern Hubraum abgelöst, der auch im Turbo-Look mit breit ausgestellten Kotflügeln und Spoilerpaket geordert werden konnte. Dies galt zunächst lediglich für das Coupé, ab Modelljahr 1985 waren auch Targa und Cabrio als Breitversion lieferbar.
Foto: Archiv
Der Exot der G-Serie ist der Speedster. Von dieser Karosserie-Variante entstanden 2103 Exemplare.
Nachdem Porsche auf der IAA 1987 einen Speedster mit verkürzter Windschutzscheibe und Notverdeck vorgestellt hatte, wurde von dieser Variante ab Herbst 1989 eine Kleinserie von 2103 Stück gebaut, und zwar mit der breiten Turbo-Karosse. Nur 171 Exemplare wurden für den Export mit der schmalen Karosserie hergestellt. Ein echter Exot ist auch der ab 1983 angebotene Flachbau-Turbo mit niedrigeren vorderen Kotflügeln und den Klappscheinwerfern des Porsche 944. Von ihm wurden lediglich 948 Stück gebaut.
Technik
Beim Übergang von der F- zur G-Serie wurde die Grundkonstruktion des 911 nicht angetastet, selbst Spurweite, Radstand und Außenabmessungen blieben zunächst identisch. Lediglich in der Länge legte das neue Modell, bedingt vor allem durch die ausladende Stoßfängerkonstruktion, etwas zu. Verbesserungen gab es aber bei der Sicherheitsausstattung. Der 911 erhielt neue Sitze mit integrierten Kopfstützen, automatische Sicherheitsgurte, ein Lenkrad mit einem großen Pralltopf, außerdem wurde die Geräuschdämmung verbessert, und er bekam neue Aluminium-Schräglenker.
Einige Neuerungen waren auch beim Dreiliter-Turbo zu verzeichnen. Sein Fahrwerk wurde komplett überarbeitet, anstelle hydraulischer, wie die anderen Modelle, verfügte er über Gasdruck-Stoßdämpfer von Bilstein. Da Porsche der Ansicht war, dass angesichts des hohen Drehmoments vier Gänge ausreichten, war ein Fünfganggetriebe beim Turbo zunächst nicht erhältlich, bei allen anderen Modellen konnte ein solches zumindest als Sonderausstattung geordert werden. Erst im Modelljahr 1989 erhielt der 3,3-Liter-Turbo serienmäßig das G50-Getriebe mit fünf Schaltstufen.
Motoren
Foto: Achim Hartmann
Die 911-Carrera-3.2-Modelle mit 3,2-Liter-Motor sind gesucht und werden hoch gehandelt.
Mit Einführung der 911-G-Serie wuchs der Hubraum der Motoren durch Vergrößerung der Bohrung von 84 auf 90 Millimeter bei allen Varianten auf 2,7 Liter. Zunächst waren ein 150 PS starkes Basismodell sowie der 911 S mit 175 PS verfügbar, außerdem der 210 PS starke Carrera mit dem bereits aus der F-Serie bekannten Motor. In nur 110 Exemplaren entstand im Modelljahr 1974 zudem der Carrera RS 3.0 mit 230 PS. Zum Modelljahr 1975 wurde der 911 Turbo, intern als Porsche 930 bezeichnet, eingeführt. Ihm verhalf ein Turbolader von KKK zu einer Leistung von 260 PS aus drei Litern Hubraum. Im Folgejahr stieg die Leistung des Basis-911 dank höherer Verdichtung auf 165 PS, das S-Modell entfiel.
Neu im Programm war der Carrera 3.0 mit 200 PS. Ausschließlich für die USA wurden auch 2099 Exemplare des 912 E mit 86 PS starkem Vierzylinder-Boxer produziert. Mit dem Modelljahr 1978 führte Porsche im Modell SC einen auf drei Liter vergrößerten Basismotor ein, zunächst 180, später 188 PS stark. Der Turbo erhielt einen Hubraumzuschlag auf 3,3 Liter und leistete nun 300 PS, unter anderem für die USA wurde auch eine abgasgereinigte Version hergestellt, die 35 PS schwächer war. 1984 wurde der 911 SC durch den 911 Carrera ersetzt, der Hubraum des nun mit einem hydraulischen Steuerkettenspanner ausgestatteten Motors stieg auf 3,2 Liter, die Leistung auf 231 PS beziehungsweise 207 und später 217 PS mit Katalysator.
Fahren
Das G-Modell hat viel vom direkten Vorgänger übernommen, insbesondere frühe 911 und 911 S zeigen daher auch ein ähnliches Fahrverhalten und liegen bei allerdings gestiegenem Hubraum in der Leistung in etwa auf dem gleichen Niveau. Einen besonders ausgewogenen Eindruck hinterlässt der SC mit dem durchzugsstarken Dreiliter-Triebwerk. Er baut auf der etwas breiteren Karosse des alten Carrera auf und ist mit einer üppigeren Bereifung ausgestattet. Damit wirkt er erwachsener und zeigt auch ein nochmals ausgewogeneres Fahrverhalten.
Manch einer schwört auch auf die ab 1983 gebauten Carrera-Modelle mit dem kultivierter laufenden 3,2-Liter-Motor, die ab Modelljahr 1987 mit dem leichter schaltbaren und leiser laufenden G50-Getriebe ausgestattet wurden. Eine Sonderstellung nehmen die Turbo-Modelle ein, mit nochmals breiterer Karosserie und mehr Luxus im Innenraum. Während sie sich im unteren Drehzahlbereich fast wie normale Neunelfer bewegen lassen, kommt es bei etwa 4000 Umdrehungen zu einer regelrechten Leistungsexplosion, die ungeübte Fahrer insbesondere auf nassen Straßen oder in Kurven leicht überfordern kann.
Der 911 G als Klassiker
Alt sieht die G-Serie noch lange nicht aus, viele Fahrzeuge sind noch heute im Alltagseinsatz unterwegs. Tatsächlich zählen zumindest späte G-Modelle erst seit wenigen Jahren zu den echten Oldtimern, die H-Kennzeichen tragen dürfen. Ohnehin ist es ja etwas problematisch, den Klassikerstatus streng am Alter festzumachen. So waren selbst manche jüngeren 911er-Modelle bereits während ihrer Produktionszeit begehrte Liebhaberstücke. Beim G-Modell wären hier etwa die beiden Turbo-Versionen zu nennen, das Cabrio oder der rare Speedster.
Heute werden 911 der G-Serie längst nicht mehr wie normale Gebrauchtfahrzeuge gehandelt; ihre gestiegene Beliebtheit ist auch daran zu sehen, dass mittlerweile nicht wenige Fahrzeuge als Nachschub aus den USA importiert werden. In der Beliebtheit hat die G-Serie zum Urmodell stark aufgeschlossen, was sich aufs Preisniveau bislang erfreulicherweise nur teilweise ausgewirkt hat. Während die Preise, die für Basis-911 gezahlt werden, in den letzten Jahren nur wenig gestiegen sind, haben insbesondere die Turbo-Modelle kräftig angezogen. Vergleichsweise günstig sind noch immer die SC zu haben.
Karosserie-Check
Die Baujahre 1974/75 rosten, ab Modelljahr 1976 wird es besser, die Karosse ist feuerverzinkt. Korrosion kann dennoch auftreten. Kritisch sind die A-Säulen, Schweller, der Fuß der B-Säulen, Lampentöpfe und Türkanten. Die Radhäuser gammeln vorn an der Aufnahme der Prallrohre der Stoßstangen, hier lagert sich Schmutz ab. Von der Kofferraumseite her ist dies an hier aufgeblähten Schweißpunkten zu sehen, die Reparatur ist teuer.
An den Stoßfängern bildet sich an den Berührungsflächen von Aluminium und Stahl Kontaktkorrosion. Auch die Aufnahmen der Vorder-undHinterachse sind zu prüfen. Offene 911 weisen mitunter UV-Schäden am Interieur auf, außerdem kann durch ein verschlissenes Verdeck oder defekte Dichtungen Feuchtigkeit eintreten. Bisweilen bricht der hinter den Vordersitzen angeschlagene Bügel des Verdecks. Bei der elektrischen Verdeckbetätigung (ab Modelljahr 1987) können Motoren ausfallen.
Technik-Check
Ältere G-Modelle mit Magnesium-Kurbelgehäuse neigen zum Ölverlust, ab den Dreiliter-Motoren wurde wieder stabilerer Aluguss verwendet. Die 3,2-Liter-Motoren der Carrera-Modelle verfügen über hydraulische Kettenspanner, die von älteren Motoren bekannten Steuerkettenprobleme treten nicht auf. Carrera ab Modelljahr 1986 mit G50-Getriebe haben eine hydraulische Kupplung. Ist diese schwergängig, kann die Betätigungsmechanik defekt sein. Der Fehler ist bekannt und oft bereits behoben, Carrera mit geringer Laufleistung stellen hier aber ein Risiko dar.
Bis Baujahr 1976 können die Stehbolzen der Zylinderköpfe aus dem Gewinde reißen, danach reißen die Bolzen selbst. Anfällig und teuer sind auch Vorschalldämpfer und Wärmetauscher. Auch die Heizungsautomatik ist oft defekt, grundsätzlich sollte die gesamte Bordelektrik geprüft werden. Blaue Wolken aus dem Auspuff und Geräusche weisen auf verschlissene Ventilführungen hin. Bei Fahrzeugen mit K-Jetronic sollte diese von einem Fachmann geprüft werden, Reparaturen sind sehr teuer. Vorsicht bei 911 aus Amerika: Aufgrund magererer Abstimmung sind sie thermisch höher belastet, was mit einem deutlich höheren Verschleiß einhergeht. Speziell beim Turbo auch auf den Öldruck achten, er sollte bei 5500 Umdrehungen nicht unter 4 bar liegen.
Preise
Fahrbereite 911 G mit Mängeln lassen sich ab etwa 40.000 Euro finden. Halbwegs anständige 2,7-Liter- oder S-Modelle gibt es ab 50.000 Euro, Top-Exemplare können deutlich teurer sein. Coupés und Targa werden in etwa gleich hoch gehandelt. Die Preise für 911 SC liegen meist ein wenig höher. Wer sich einen einigermaßen erhaltenen Carrera anschaffen möchte, muss in dieser Preisregion auf jeden Fall Abstriche machen. Brauchbare Carrera 3.2 starten bei etwa 70.000 Euro. Sehr gesucht sind Turbos, insbesondere das Urmodell mit dem Dreilitermotor, von dem nur 2850 Stück gebaut wurden. Unter 120.000 Euro ist so gut wie nichts zu finden, Top-Exemplare bewegen sich auf 200.000 Euro zu. Der Carrera 2.7 liegt preislich zumindest in ähnlichen Regionen, nochmals deutlich teurer sind die wenigen von diesem gebauten Targa-Modelle.
- Bei Einführung 1974 (Porsche 911 2.7 Coupé) :
- 26.980 Mark
- Bei Produktionsende 1989 (Porsche 911 Carrera Coupé Kat.) :
- 82.075 Mark
Ersatzteile
Fast alles ist leicht zu finden, sowohl unter den Technik- als auch den Karosserieteilen. Das meiste kann innerhalb kurzer Zeit sogar der Porsche-Händler vor Ort besorgen, allerdings nicht unbedingt zum Sonderpreis. Als erste Anlaufstelle wird oft das Porsche Classic Center genannt, freie Händler können Ersatzteile aber unter Umständen deutlich günstiger liefern. Beschaffungsprobleme kann es lediglich bei manchen seltenen Farbvarianten der frühen Baujahre geben. Die Qualität von nachgefertigten Teilen, egal aus welcher Quelle, ist oft nicht zufriedenstellend. Wer sich nicht auskennt, ist gut bedient, wenn er sich auf einen vertrauenswürdigen Spezialisten verlassen kann.
Schwachpunkte
- Kotflügel vorn
- Aufnahmen Prallrohre
- A-Säulen/Schweller
- B-Säulen/Einstiegsbleche
- Scheibenrahmen/Dichtungen
- Getriebe/Kupplung
- Stehbolzen
- Heizungsautomatik
- Bordelektrik
- Ölverlust/Ventilführungen
- Wärmetauscher
- Einspritzanlage (K-Jetronic)
Wertungen
Fazit
Turbos und Speedster sind sehr gesucht und erste Wahl für Sammler und Anleger. Relativ günstig zu haben sind noch immer gute 911 SC, sowohl als Coupés als auch Targa, von denen insgesamt mehr als 57.000 Stück produziert wurden. Exemplare ab Modelljahr 1981 mit 204 PS sind etwas spritziger und für ein paar Tausender Aufpreis auch als Vollcabrio erhältlich. Wer auf die Sportomatik Wert legt, wird nur beim Ur-SC fündig. Grundsätzlich gilt: Nicht alles Geld beim Kauf ausgeben, bei Reparaturen fallen oft noch etliche Tausend Euro Kosten an.