Porsche 965: wassergekühlter Über-Elfer

911-Prototyp mit Audi-V8 im Heck

Dieser 911-Prototyp sollte den 959 beerben, fuhr dann aber ins Museum. Der L7 ist der einzig Überlebende von 16 Erprobungsfahrzeugen. Mit ihnen testete Porsche wassergekühlte Heckmotoren und gewann Erkenntnisse für den 996.

Versuchsfahrt-in-Nardo-zur-Vmax-Messung-im-November-1988-mit-dem-Porsche-Typ-965 Foto: Porsche 22 Bilder

Ein 911 braucht kein Emblem, um sofort als Porsche erkannt zu werden. Selbst wenn es ein mattschwarzer Prototyp wie dieser 965 ist, der anders aussieht als alle serienmäßigen 911 – und doch vertraut wirkt. Trotz der 959-Heckansicht mit den zweckmäßigen Rückleuchten, die auch von einem landwirtschaftlichen Anhänger stammen könnten. Von vorn erinnert der Prototyp von 1988, intern schlicht L7 genannt, an einen 993. Doch der kam erst fünf Jahre später auf den Markt. Dach und Türen verraten den 964 als Basis.

Die Tarnung war übrigens zumindest am Anfang rudimentär: Mit einem rot lackierten Prototypen testete Porsche am Mont Ventoux die Bremsen und in Nardo die Höchstgeschwindigkeit. Als dann Fotos von diesem 965 in einer Autozeitschreift erschienen, bekamen zumindest andere 965 einen mattschwarzen Tarnanstrich.

911 mit Audi-V8 im Heck

So vertraut der Prototyp wirkt, so ungewohnt ist sein Antrieb: im Heck sitzt ein wassergekühlter V8-Motor von Audi. Porsche war in den Achtzigerjahren auf der Suche nach einem neuen Topmodell. Der 911 Turbo, 1974 präsentiert, ist immer noch ein sehr schnelles Auto, aber eben auch ein paar Jahre alt. Der Nachfolger sollte laut "Produktplanungsgespräch" im September 1982 Doppellader, Allradantrieb, vier Nockenwellen und Hydrostößel bekommen. Der angepeilte Preis sollte bei etwa 180.000 Mark liegen. Aus einem Hubraum von 3,3 Litern sollten 374 PS erzielt werden. Ohne wassergekühlte Zylinderköpfe keine Vierventiltechnik, erklärt die Motorenentwicklung.

Der Vertrieb ging für das Jahr 1990 von 2.500 Stück aus. Technisch soll er schlichter sein als der teure Technolgieträger 959, aber dennoch Doppelkupplungsgetriebe und zwei Abgasturbolader bekommen. Später kommen im Lastenheft weitere Anforderungen hinzu: Der 965 soll parallel zum 964 entwickelt und zum neuen Topmodell werden. Der Preis steigt auf etwa 210.000 Mark. Heute wissen wir: Einen Biturbo-Boxer gab es erst 1995 im 993 Turbo und ab 2008 waren 997 Carrera und Carrera S mit Doppelkupplungsgetriebe erhältlich. Beides war Mitte der Achtziger also noch Zukunftsmusik.

Turbo-Nachfolger mit mehreren Motor-Optionen

Versuchsfahrt-in-Nardo-zur-Vmax-Messung-im-November-1988-mit-dem-Porsche-Typ-965 Foto: Porsche
Der 965 bei Testfahrten in Nardo.

Konkret sind die Probleme im Versuch: Der luftgekühlte Sechszylinder-Boxermotor mit Vierventiltechnik und Aufladung bekommt zu heiße Zylinder und Köpfe. Der leitende Entwicklungsingenieur Horst Marchart schlägt mehrere Alternativen vor: Vom Indy-Rennmotor einen zivilen V8 abzuleiten, ist eine Idee. Der, so die Überlegung, könnte 1995 serienreif werden. Bis dahin sollte es der alte Turbo tun.

Bis sich die Idee durchsetzt, den Turbomotor aus dem 930 mit Katalysator und 320 PS im 964 Turbo zu installieren, drehten die Porsche-Ingenieure jedoch noch einige Schleifen. Wasserboxer mit und ohne Aufladung sind im Gespräch. Und ein wassergekühlter V8, der für 965 und den Viertürer 989 verwendet werden sollte. Doch es hilft alles nichts: Am 8. Dezember 1988 endet offiziell die Entwicklung des 965. Der Stopp des Projekts erwischt die Entwickler und Testfahrer eiskalt, während Testfahrten im nordschwedischen Arjeplog. Noch am selben Tag wird der Prototyp auf die Bahn gebracht und in einem geschlossenen Waggon nach Stuttgart transportiert. Bis auf einen werden alle Versuchsträger und sämtliche Werkzeuge verschrottet. Nur L7 darf bleiben – bis heute. Mitsamt seinem Audi-V8 im Heck.