Renault-Alpine A442 (1976) Le Mans

Ist dies der Siegerwagen von Le Mans?

Dieser Renault-Alpine A442 soll 1978 in Le Mans gewonnen haben und wurde jetzt versteigert. Der angekündigte Preis wurde jedoch nicht erzielt.

Renault-Alpine A442 (1976) Foto: Peter Singhof/RM Sotheby's 20 Bilder

Bis zu fünf Millionen Euro hätte er laut RM Sotheby's wert sein können: Einer von nur vier gebauten Renault-Alpine A442 wurde in Le Castellet jedoch nicht zum erhofften Preis verkauft. Der Le-Mans-Renner kam am 19. November 2021 bei der Auktion von RM Sothebys in Le Castellet unter den Hammer. Das Höchstgebot lag mit 2,25 Millionen Euro am unteren Ende des Schätzwerts. Um die Geschichte dieses ehemaligen Werks-Boliden mit der Chassisnummer "442 2" rankt sich eine Legende: Es soll der Siegerwagen des 24-Stunden-Rennens von Le Mans 1978 sein, Renaults einziger Gesamtsieg an der Sarthe.

Ist das der Siegerwagen von Le Mans?

Das zumindest behauptet der Experte Pierre Abeillon. Der Franzose stützt sich dabei auf seine detaillierte Recherche, die er in einer umfangreichen Dokumentation festgehalten hat. Über 20 Jahre hinweg untersuchte er alle vier Autos und verglich ihre Merkmale mit Fotos aus den 70er-Jahren. Ein wichtiges Indiz für ihn sind die Nieten, mit denen das entsprechende Chassisplättchen an einem Alu-Blech vor der Pedalerie jeweils angebracht ist. Beim jetzt angebotenen A442 entsprächen sie exakt denen auf den historischen Abbildungen des Le-Mans-Siegerautos.

Auch die Optik des jetzt angebotenen Renault Alpine unterstützt diese Sichtweise. Montiert ist eine unrestaurierte Langheckkarosserie mit der Startnummer 2 und den Schriftzügen der Fahrer auf den beiden Seiten unterhalb der Cockpitöffnung. Didier Pironi und Jean-Pierre Jaussaud gewannen 1978 die 24 Stunden von Le Mans. Die Karosserie zeigt außerdem mit der durchsichtigen Cockpithaube ein weiteres Detail des Siegerautos. Diese Abdeckung, die die Windschlüpfigkeit des A442 verbesserte, nutzten im Rennen nur die Gesamtsieger Pironi/Jaussaud.

Oder doch nicht?

Renault hält jedoch weiterhin dagegen, dass das Schwesterauto mit der Chassisnummer "442 3" das Siegerauto sei. Dieser A442 gehört zur Werkssammlung des Konzerns. Er verfügt über ein eindeutiges Erkennungszeichen, und zwar die für das Rennen ans Chassis geschweißte Halterung zur Befestigung der Kunststoffkanzel über dem Cockpit. Nur der Siegerwagen und der als Schwesterauto eingesetzte A443 verfügten über dieses Detail, das Hauptargument des Herstellers.

Der A442 B aus der Werkskollektion wurde mehrfach bei Klassikveranstaltungen wie Le Mans Classic (2016 mit Ex-Werksfahrer Jean Ragnotti und Renault-Chef Carlos Tavares) oder dem Goodwood Festival of Speed eingesetzt. Nach der Darstellung des Herstellers fuhren Jean-Pierre Jarier und Derek Bell (Startnummer 3) in Le Mans 1978 mit dem jetzt bei der Auktion angebotenen Chassis Nummer 2. Sie fielen damals mit einem Getriebeschaden aus.

Einziger A 442 in Privatbesitz

Renault-Alpine A442 (1976) Foto: Peter Singhof/RM Sotheby's

Fest steht: Der vom Auktionshaus jetzt angebotene, 490 PS starke A442 ist heute das einzige Auto der Miniserie im Privatbesitz. Der französische Rennwagen zählt zu den erfolgreichsten Sport-Prototypen der 70er-Jahre. Ab 1976 waren die Autos mit ihrem Turbo-V6 die stärksten Gegner von Porsche mit dem 936. Die Saison 1977 wurde allerdings zu einem Waterloo für Renault: In Le Mans fielen alle vier Werkswagen aus. Mit dem Gesamtsieg im Folgejahr gelang dann die erfolgreiche Revanche.

Mit dem Rennende 1978 fiel auch die Zielflagge für das Sportwagenengagement von Renault. Das Werksteam konzentrierte sich fortan auf seine Formel-1-Einsätze. Jean Sage, bis 1985 Sportdirektor der Grand-Prix-Equipe, übernahm das jetzt angebotene Chassis "442 2". Er verkaufte den Rennwagen später an Adrien Maeght. 25 Jahre lang zeigte dieser den Rennwagen im Musee d’Automobiliste in Mougins. 2014 kaufte Jean Guikas schließlich diesen Renault-Alpine und stellte ihn seither in seinem Verkaufsraum in Südfrankreich aus, nur 25 Kilometer von Le Castellet entfernt.