RM Sotheby's-Auktion 1948er Davis Divan

Skurriles Dreirad bringt 125.000 Dollar

Der Davis Divan von 1948 bietet vier Sitzplätze in einer Reihe. Wahrlich nicht die einzige Skurrilität dieses Autos, das nun auf Amelia Island versteigert wurde.

03/2022, 1948 Davis Divan Auktion RM Sothebys Amelia Island 2022 Foto: Gabor Mayer ©2022 Courtesy of RM Sotheby's 11 Bilder

Der Fundus an Ostfriesenwitzen ist reich an sehr platten Zoten. Doch selbst in diesem Umfeld sticht folgender Scherz auf der nach unten offenen Niveau-Skala noch heraus. Er geht so: "Warum sind ostfriesische Busse stets neun Meter breit, aber nur drei Meter lang? – Weil immer alle vorn sitzen wollen." Sobald Sie sich vor Lachen – oder Fremdscham, je nachdem – wieder eingekriegt haben, kommen wir direkt zum Anlass, warum dieser Witz den Einstieg in diesen Artikel bildet: Weil das Auto, um das es hier geht, seinerzeit die Inspiration zu diesem Joke gegeben haben könnte.

Es geht um einen Davis Divan, Baujahr 1948, der kürzlich von RM Sotheby's bei der Auktion auf Amelia Island versteigert wurde. Bei diesem Auto ist das Ostfriesen-Motto Programm: Hier nehmen bis zu vier Insassen nebeneinander in einer Reihe Platz; angefangen links von der Fahrerin oder dem Fahrer. Das glauben Sie nicht? Dann schauen Sie sich gerne das über diesem Absatz gezeigte Video an. Das skurrile Gefährt nimmt vier erwachsene Männer von durchaus stämmiger Statur problemlos auf und rollt flott davon.

4,72-Meter-Auto mit Mini-Wendekreis

Bereits bei der Einpark-Szene am Anfang zeigt sich eine weitere Besonderheit des Oldtimers: Während an der hinteren Achse zwei Räder aufgehängt sind, gibt es nur ein Vorderrad, mit dem auch noch gelenkt wird. Das scheint enorme Vorteile in Sachen Wendigkeit zu bringen: Im Video schlängelt sich das US Car jedenfalls in Rekordzeit in die Lücke und auch wieder aus ihr heraus und demonstriert am Ende seinen Mini-Wendekreis. Und das, obwohl es mit einer Länge von 4,72 Meter gar nicht mal so kurz ist. Hinzu kommen andere innovative Ideen wie die im Auto untergebrachten Wagenheber-Stempel, die sich vom Cockpit aus aktivieren lassen – ähnlich wie bei modernen Rennwagen.

03/2022, 1948 Davis Divan Auktion RM Sothebys Amelia Island 2022 Foto: Gabor Mayer ©2022 Courtesy of RM Sotheby's
Auf diesem Bild nur zu erahnen: Auf der Sitzbank sollen vier Erwachsene Platz finden.

Den Davis Divan hat sich freilich keiner der großen US-Autokonzerne erdacht. Eine Marke aus der zweiten Reihe – man denke an Tucker, Kaiser Motors oder AMC – steckt ebenfalls nicht dahinter. Das kuriose Dreirad-Cabrio haben wir Glen Gordon "Gary” Davis (im Video sitzt er am Steuer) zu verdanken, seines Zeichens Industrie-Designer und Gebrauchtwagenhändler aus dem US-Bundesstaat Indiana. Wie so viele Tüftler vor und nach ihm wollte er – inspiriert von einem zuvor gekauften Rennwagen, der zum Dreirad umgebaut wurde, sowie Prinzipien beim Flugzeug-Design – mit dem Divan das Auto der Zukunft erfunden haben. Leicht an Gewicht, günstig in Preis (1.000 Dollar, was heute 11.666 Dollar oder aktuell umgerechnet zirka 10.676 Euro bedeutet) sowie Verbrauch, windschnittig (auch dank seiner Klappscheinwerfer) und obendrein geräumig: Mit diesem Skillset sollte der Davis Divan die US-Autowelt erobern. Es kam anders.

Designer, Techniker, Verkäufer – Betrüger

Mr. Davis war nämlich nicht nur ein gewiefter Designer, Techniker und Verkäufer, sondern wohl auch mit etwas zu viel krimineller Energie gesegnet. Jedenfalls verkaufte seine Davis Motor Company gegen Cash fleißig Autos an Händler und Privatpersonen im ganzen Land. Damit sammelte er RM Sotheby's zufolge mehr als eine Million Dollar ein, ohne jedoch überhaupt so etwas wie eine Serienproduktion – sie sollte in Südkalifornien anlaufen – auf die Beine stellen oder die Fahrzeuge gar an die Kunden ausliefern zu können. Kein Wunder, dass die Firma bereits 1949 wieder dichtmachen musste, weil ihr Chef wegen Betrugs ins Gefängnis wanderte. Die paar Handvoll gebauten Divans gingen daraufhin in die Insolvenzmasse über und wurden an einige Gläubiger verteilt. Das war wohl auch das Schicksal dieses jetzt versteigerten Exemplars.

Wie RM Sotheby's in der Fahrzeugbeschreibung mitteilt, sind lediglich 14 gebaute Davis Divan aktenkundig: Zwei Prototypen – der erste entstand wohl aus dem zuvor erwähnten Rennwagen – und zwölf weitere Autos aus einer Kleinserien-Fertigung. Andere Quellen nennen 16 Autos: Zwei Prototypen, elf Serienautos und drei Militär-Ableger. Dieses Exemplar ist die Nummer drei, demnach also der erste Serien-Divan. Er wurde 1948 gebaut und verbrachte nach der Pleite der Davis Motor Company den Großteil seines Lebens in Michigan.

2011 gerettet, dann komplett restauriert

Allerdings offensichtlich nicht sehr behütet: Als ihn der letzte Besitzer dort 2011 entdeckte, soll er sich in einem erbärmlichen Zustand befunden haben. Folgerichtig leitete er eine Komplett-Restauration in die Wege, bei der die mit abnehmbaren Paneelen beplankte Aluminium-Karosserie komplett auf Vordermann gebracht und mit einem braunen Metallic-Lack überzogen wurde. Auch das Glasfaser-Hardtop ist neu. Im Zuge dessen zog zudem ein Leder-Interieur in Beige und Braun in das einreihige Auto.

03/2022, 1948 Davis Divan Auktion RM Sothebys Amelia Island 2022 Foto: Gabor Mayer ©2022 Courtesy of RM Sotheby's
Der Hercules-Vierzylinder-Motor soll den Davis Divan auf erstaunliche 185 km/h beschleunigen.

Die Technik zeigt sich ebenfalls überholt. So auch der Motor, bei dem es sich dem Auktionshaus zufolge um einen an ein manuelles Dreigang-Getriebe gekoppeltes Hercules-Vierzylinder-Triebwerk handelt, der das Dreirad auf erstaunliche 185 km/h beschleunigen soll. Bei weiteren Divan-Exemplaren kamen teils andere Motorrad-Aggregate zum Einsatz.

Für 125.000 Dollar verkauft

Es haben sich offensichtlich ein paar Autosammler mit dem besonderen Geschmack und Sinn für Raritäten, die sich dazu durch eine kuriose Geschichte auszeichnen, gefunden und am vergangenen Samstag (5. März 2022) bei der Auktion auf Amelia Island fleißig mitgeboten. Ganz billig wurde der Spaß folgerichtig nicht, der Davis Rivan fand für 125.000 Dollar (aktuell umgerechnet gut 114.000 Euro) eine neue Besitzerin oder einen neuen Besitzer. Trotzdem verfehlte das Dreirad den Schätzpreis von 150.000 bis 175.000 Dollar, was derzeit 135.000 bis 158.000 Euro entspricht.