Rover 75 & MG ZT (1999-2005)

Vor 20 Jahren hat BMW Rover verkauft

Am 16. März 2000 verkauft BMW Rover. Der Grund: hohe Verluste, schlechte Prognose. Dabei war der 75 ein echt gutes Auto. Wir sind das letzte britische Großserienauto gefahren.

MG ZT 190 Rover 75 Foto: D. Eisele

Sie waren Rovers letzte Hoffnung, das Sterben zweier britischer Kultmarken abzuwenden: Der Rover 75, von echten Rover-Enthusiasten selbstverständlich "Seventy-Five" ausgesprochen, und sein sportlicher Konzernbruder MG ZT. Zwei geräumige Mittelklasse-Limousinen, die das Unternehmen unter Führung der Phoenix Venture Holdings endlich in die Gewinnzone fahren sollten – was bekanntermaßen leider nicht gelang.

BMW trennt sich am 16.3.2000 von Rover

Rover 75 2.5 V6 Foto: Hersteller
Der Rover 75 kam gut an. Er sollte die Baureihen 600 und 800 ersetzen.

Die Entwicklung und Einführung des Rover 75 geschah dabei noch unter BMW-Regie. Die Münchner leiteten die Geschicke der Rover Group von 1994 bis 2000 und investierten mehr als zehn Milliarden Mark in den damals schwer angeschlagenen Autohersteller – Geld, das BMW nicht wiedersehen sollte. Im Jahr 2000 zerschlugen sie die Rover Group und verkauften Land Rover an Ford. MG und Rover gingen für einen symbolischen Betrag von 10 Pfund – etwa zwei Portionen Fish and Chips – an das Phoenix-Konsortium. Nur Mini blieb bei BMW. Drei Vorstandsmitglieder verloren ihre Posten: "Vertriebschef Henrich Heitmann, Entwicklungschef Wolfgang Ziebart und Produktionsvorstand Carl-Peter Forster sind mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand ausgeschieden. Die Manager waren erst vor einem Jahr ins Amt berufen worden, als das Rover-Debakel BMW schon einmal in eine schwere Führungskrise stürzte", schrieb "Der Spiegel" am 16. März 2000. Im Jahr vor der Trennung war noch die neu entwickelte Mittelklasse-Limousine 75 auf den Markt gekommen. Das Auto im sanften Retro-Design kam auch im Test bei auto motor und sport gut an.

Der Rover 75 sollte die in die Jahre gekommenen Baureihen 600 und 800 ersetzen, bei denen es sich um Derivate der Honda-Modelle Accord und Legend handelte. Zwar griffen die Ingenieure bei der Entwicklung des 75 auf viele BMW-Teile zurück – der Drosselklappenstellmotor stammt zum Beispiel vom BMW E39 und die Wischwasserpumpe sowie das Multimedia-System samt Fernseher aus dem Dreier E46 –, aber im Großen und Ganzen war der Einfluss der Münchner auf den 75 gering.

Neue Ära im Retro-Look

Kaufberatung-und-Service-für-Britische-Youngtimer-und-Oldtimer Foto: auto motor und sport
Vor allem innen ist der Retro-Look deutlich erkennbar.

1998 stellte Rover den 75 auf der British International Motor Show in Birmingham der breiten Öffentlichkeit vor. Das Styling der Mittelklasse- Limousine, die unter anderem mit Ford Mondeo, VW Passat und Opel Vectra konkurrierte und auch potenzielle BMW-Dreier-, Mercedes-C-Klasse- und Audi-A4-Kunden ansprechen sollte, präsentiert sich betont britisch. Die Zeiten der sachlichen japanischen Linienführung sollten vorbei sein, und in den neuen Rover-Modellen besannen sich die Designer auf einen Retro-Look, der an Autos der 50er-Jahre erinnert. Innen ziert dunkles Wurzelholz das Armaturenbrett und die Türpaneele – oder zumindest Kunststoff, der wie Holz aussieht. Die ovalen Instrumente haben einen leicht vergilbten Touch, genau wie das beige Leder in der Topausstattung Celeste, das im Rover britische Club-Atmosphäre aufkommen lässt. Es fehlen eigentlich nur Scotch und Pfeife.

Der ovale Stil zieht sich durch das gesamte Interieur. Die Türgriffe, Ventilationsauslässe, viele Schalter und Zierelemente greifen die Form auf. Alles wirkt weich, geschmeidig und edel – durchaus Wohlfühlambiente. Allerdings fällt beim genaueren Hinsehen auf, weshalb der Seventy-Five trotz dieses auf den ersten Blick hochklassig wirkenden Innenraums mit einen so günstigen Preis von gerade einmal 23 510 Euro für die Basisvariante mit dem 1,8-Liter-Vierzylinder aufwarten konnte. Die Knöpfe mit ihrer rauen Hartplastikschale und die dünnen Kunststoffpaneele, die einem Holz vorgaukeln, unterscheiden sich haptisch deutlich von der Oberklasse.

Dennoch erfrischt der bewusst altbackene Stil und gibt dem Rover Charakter. Auch außen: viel Chrom, weiche Linien und ein betont britisches Heck, wie man es auch von Jaguar oder Rolls-Royce erwartet hätte. Vorne geben vier einzelne Scheinwerfer dem Auto einen ernsten Blick. Im auto motor und sport-Test von 1999 bescheinigten die Kollegen dem Wagen eine "gute Verarbeitungsqualität" und eine "steife Karosserie". Mit dem 75 hätte das Rover-Comeback also durchaus gelingen können.

MG ZT fast ohne Chrom

MG ZT 190 Foto: D. Eisele
Dunkle Fensterrahmen und Maschendraht-Grill statt Chrom: Der MG ZT war sportlicher positioniert.

Das urige britische Retro-Design ist aber nicht zwingend everyone’s cup of tea. Das erkannte auch Rover und legte den 75 in einer sportlichen Version für die Schwestermarke MG auf: 2001 war der MG ZT geboren. Die Karosserien sind identisch, allerdings bekam der ZT eine neue, aggressivere und sportlichere Front. Die Zierleisten, die beim 75 in Chrom glänzten, erhielten nun die Wagenfarbe. Außerdem verpassten die Entwickler dem ZT ein strafferes Fahrwerk, größere Bremsen und sportlichere Felgen.

Im Innenraum wich die Holzoptik schnödem grauem Plastik. Überhaupt ist innen alles dunkler, grimmiger und sachlicher. Während man im 75 in weichen, komfortablen Clubsesseln Platz nimmt, umschließen den Fahrer im MG die Wangen straffer Sportsitze. Die verfügbaren Motoren waren für die Mittelklasse-Geschwister aber identisch. Man konnte sich zwischen einem 1,8-Liter-Benziner mit 120 PS, einem 2,5-Liter-V6 aus der KV6-Serie mit 160, 177 oder 190 PS sowie dem Zweiliter-BMW-Dieselmotor mit wahlweise 115 oder 131 PS entscheiden. Lediglich der Zweiliter-V6 war dem Rover vorbehalten. Er leistet 150 PS. Wer auf richtige Power aus ist, kann versuchen, einen der sehr seltenen Rover oder MG mit dem 4,6-Liter-V8 zu ergattern. Der Motor stammt aus dem Ford Mustang und liefert 260 PS und satte 410 Nm.

Sportlich: 2,5-Liter-V6 mit 190 PS

MG ZT 190 Foto: D. Eisele
Wer auf Zahnriemen und Zylinderkopfdichtung achtet, kann am V6 lange Freude haben.

MG ZT sind selten. Wurden vom Rover 75 etwa 210.000 Exemplare ausgeliefert, liegt die Zahl des MG etwa bei 27.000. Umso glücklicher war Matthias Bühler, der Besitzer unseres Foto-MG, dass er seinen ZT-T 190 in gutem Zustand gefunden hat. "Ursprünglich wollte ich den Kombi als Daily Driver für meine Familie, aber wir haben den ZT so ins Herz geschlossen, dass er jetzt geschont wird", berichtet Bühler. In seinem Kombi arbeitet der 2,5-Liter-V6 mit 190 PS. Das Aggregat hat einen kernigen Sound, der sich bereits im Leerlauf andeutet. "Der Schleifpunkt der Kupplung kommt recht früh, und das Pedal hat viel Widerstand", warnt Bühler vor der Testrunde.

Tatsächlich ist ein beherzter Tritt aufs Kupplungspedal nötig, um die Reibscheiben zu trennen. Ebenfalls viel Kraft muss man dann aufwenden, um den ersten Gang einzulegen. Alles fühlt sich straff und stabil an – selbst der Sitz, der sich dem Rücken entgegenzustemmen scheint. Im unteren Drehzahlbereich tritt der Motor etwas träge an. Passiert der Drehzahlmesser aber die 3000er-Grenze, schiebt der MG unter kernigem Grummeln kräftig nach vorn.

Das straffe Fahrwerk vermittelt hervorragende Stabilität, gibt aber auch jede Bodenwelle an die Wirbelsäule weiter. Die Lenkung profitiert von dieser harten Abstimmung und entpuppt sich als echtes Präzisionswerkzeug. Auch die Bremsanlage verlangt einen sensiblen Fuß, alles zusammen betont den sportlichen Charakter des MG, der sich auf kurvenreichen Landstraßen am wohlsten fühlt.

Entschleunigend: 1,8-Liter mit Automatik

MG ZT 190 Rover 75 Foto: D. Eisele
Redakteur Endreß würde den MG ZT wählen.

Im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder ist der Rover 75 längst nicht so ungestüm. Im Exemplar auf den Fotos, das uns freundlicherweise vom Briten-Spezialisten Merz & Pabst aus Nürtingen zur Verfügung gestellt wurde, werkelt ein 1,8-Liter-Vierzylinder in Verbindung mit einer Fünfgangautomatik. Diese Kombination wirkt, gelinde gesagt, entschleunigend. Mit der 1460 kg schweren Limousine scheint der 120-PS-Motor etwas überfordert zu sein. Geht es auf der Landstraße mal bergauf, schaltet das Getriebe sanft in den vierten, manchmal sogar in den dritten Gang zurück, und der Motor heult auf.

Das führt dazu, dass man den weich gefederten und gemütlichen Wagen eher zum Dahingleiten nutzt, als ihm sportliche Leistungen abzufordern. Die weichen Sitze tun ihr Übriges, um diesen Eindruck zu verstärken. Das Fahren ist sehr angenehm, und man könnte sich einen langen Roadtrip mit dem 75 vorstellen, der aber mit einem der V6-Motoren deutlich souveräner unterwegs ist.

Trotzdem, man fühlt sich wohl und sicher in beiden Briten. Rover hat es geschafft, zwei fast identische Autos so unterschiedlich abzustimmen und einzurichten, dass sie sich komplett gegensätzlich anfühlen. Der MG ist der Aggressive und Sportliche, der gefahren werden will und Kurven liebt. Dem Rover geht es mehr um das Ambiente. Seine Passagiere sollen sicher, entspannt und stilvoll an ihr Ziel kommen. Für beide gilt aber: Wer sich so ein Auto kauft, der besitzt eines der letzten britischen Großserienautos.

Karosserie-Check

Die Rostvorsorge bei Rover und MG war ordentlich. Die Karosserie ist teilverzinkt und gut verarbeitet. Am Auspuff haben die Modelle dennoch häufig Lochfraß. Das Fahrwerk gilt als sehr robust und stabil dimensioniert, aber wegen der harten Abstimmung können Fahrwerksbuchsen verschlissen sein. Die Elektrik ist dagegen anfällig: Typisch ist ein grundloses Aufleuchten der Airbag-Kontrolllampe, die beim TÜV Probleme macht. Vereinzelt berichten ZT-Fahrer von einem Klappern in der Ansaugbrücke. Pixelfehler im zentralen Anzeigendisplay sind keine Seltenheit.

Technik-Check

Die Motoren von Rover halten an sich lange, bedürfen aber etwas Pflege, um Motorschäden wegen durchgebrannter Zylinderkopfdichtungen oder gerissener Zahnriemen zu verhindern (der 2,5-Liter-V6 hat drei davon). Die Wasserpumpe sowie das Thermostat machen mitunter ebenfalls Probleme. In frühen Baujahren gab es Probleme mit Wasser im Innenraum aufgrund von ungekürzten Ablauftüllen. Dies führte nicht selten zu Fehlern und Schäden an elektrischen Bauteilen.

Preise

Bei Einführung 2001: MG ZT 190 32.100 Euro Bei Produktionsende 2005 MG ZT-T 190 30.250 Euro Classic-Analytics-Preis 2019 (Zustand 2/4) 4000/2500 Euro

Bei Einführung 1999 (Rover 75 1.8 Classic) :
44 900 DM
Bei Produktionsende 2005 (Rover 75 2.5 V6 Charme) :
31 050 Euro

Ersatzteile

Da sich der MG ZT mit dem Rover 75 viele Komponenten teilt und in Großbritannien noch sehr viele Autos der beiden Baureihen zugelassen sind, ist auch die Ersatzteilversorgung gesichert. Bei den Briten-Spezialisten von Merz & Pabst können Teile nachbestellt werden.

Schwachpunkte

  1. Wassereintritt
  2. Pixelfehler Bordcomputer-Display
  3. Wasserpumpe
  4. Zahnriemen
  5. Motorlager
  6. Kontrollleuchten
  7. Feinstaubausstoß (Diesel)
  8. Gelenkwellen
Rover 75 (1999–2005), Schwachpunkte, Igelbild

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage

Fazit

Günstig und gut - so lässt sich am besten der Rover 75 beschreiben. Der Brite hat bei uns keine große Lobby, dabei bringt er alles mit, was einen Youngtimer interessant macht: guten Rostschutz, zuverlässige Technik und gute Verarbeitung, dazu noch ein luxuriöses Interieur. Und mit dem V6 einen seidenweich laufenden und kraftvollen Motor. Gute Exemplare sind durchaus zu finden - wer weiß, wie lange noch?