VW Bus T2 L

Der Bulli: Bus mit Lustig

Der VW Bulli war doch immer so ein Ernster. Doch als die Hippies den VW Bus für sich entdeckten, war Schluss damit. Aus einem bodenständigen Helden der Wirtschaftswunderjahre wurde ein aufgekratzter Blumenkinderwagen. Begegnung mit einem T2 der Generation ’68. 

VW Bus T2 L Foto: Hardy Mutschler 22 Bilder

Als der kleine VW Bulli dachte, er habe schon alles gesehen, wird er zur Weltanschauung. Das überrumpelt den Volkswagen Typ 2 dann doch etwas. Denn für die deutsche Krämerseele erdacht, transportiert er in den 50er und 60er Jahren das Wirtschaftswunder. Dabei hat er höchstens mit Blumenkästen zu tun, bis ihn die Blumenkinder als bevorzugtes Bewegungsmittel für sich und ihre neuen Ideen aussuchen. Genau so gut hätten die 68er Ludwig Erhard zum APO-Chef machen können. Denn der VW Bus ist doch überhaupt kein Revoluzzer. Obwohl die zweite Generation erst nach 17 Jahren zum Modelljahr 1968 erscheint, mufft sie unter ihrer Karosse sehr nach Typ 1.

Klare Entwicklungsvorgaben: Alles bleibt beim Alten

Die Ingenieure bemühen sich bei der Entwicklung des neuen VW Bulli, des T2a, in damals bester Volkswagen-Mentalität, ein neues Auto zu entwerfen, das sich möglichst kaum vom Vorgänger unterscheidet. Nach drei Jahren ist ihnen das gelungen. Dann starten alle T2-Versionen: Kastenwagen, Pritsche, Doppelkabine und eben der Bus. 14 Zentimeter ist der gewachsen, der Radstand aber hält das Käfer-Maß von 2,40 Meter. Vor allem von vorn sieht der neue VW Bulli anders aus. Mit seiner Panorama-Frontscheibe guckt er jetzt nicht mehr so grimmig wie der T1, sondern eher wie ein Schmunzelmonster.

Von hinten lassen sich T2a-Modelle wegen der kleinen Rückleuchten dagegen nur schwer von späten T1 unterscheiden. Auch bei der Technik gelingt es den VW-Burschen, drastische Neuerungen zu vermeiden - bis auf die Schräglenker-Hinterachse, damals die modernste Konstruktion im ganzen Konzern. Aber sie hat wenigstens den Anstand, sich schamhaft tief im Heck zu verstecken. Das alte Frontlenker-Heckmotor- Layout wird trotzig weiter am Leben gehalten. Und selbstverständlich sitzt im geräumigen Motor-Souterrain-Appartement - wir hatten ja nichts Anderes - ein luftgekühlter Boxermotor. Anfangs gibt es nur den um zarte 91 Kubikzentimeter vergrößerten und damit - schon wegen des um 105 auf 1.265 Kilo gestiegenen Leergewichts – unmerkliche drei PS stärkeren 1,6-Liter.

1972 gab es ein großes Facelift

Mit 47 PS beschleunigt der VW Bulli so temperamentlos, dass dagegen selbst ein Mercedes-Benz 200 D Strichacht wie ein Dragster abgeht. Wohl nur, weil Volkswagen aus Gewohnheit jedes Jahr ein bisschen an allen Autos herumdoktort und den Technikern 1970 nichts anderes zum Modellpflegen einfällt, spendieren sie dem Einssechser in einem Anfall von Leistungswut damals weitere drei PS. Das muss dann aber reichen - nicht nur für die restliche Produktionszzeit des T2-Bulli, sondern auch im T3 bis 1982. Ein zweites, stärkeres Triebwerk bekommt der T2 erst 1971 - den 1,7-Liter-Flachboxer aus dem 411. Er kostet 675 Mark Aufpreis, bringt als Mitgift aber auch einen Bremskraftverstärker und Gürtelreifen mit.

Damit die Maschine reinpasst, erhält der kleine VW Bulli ein neues Heck, trägt danach größere Rückleuchten. Nur ein Jahr baut VW den T2 in dieser Form. Schon im August 1972 wird auch die Front aufgerüscht: Die vorderen Blinker sitzen dann neben dem Frischluftgitter, die Trittstufen an den Vordertüren sind nach innen verlegt - das markiert den Start der T2b-Serie. Unser Foto-T2 gehört zu der seltenen Zwischenserie. Am 14. Juni 1972 meldet Bernhard Winkler seinen orange-weißen VW Bulli in Augsburg an.

In den nächsten 25 Jahre wird er sich viel um den VW Bulli kümmern und ihn wenig fahren - schon gar nicht im Winter. 1997 verkauft er den Achtsitzer an Klaus Sonnenberg. Der bewahrt den hervorragenden Zustand des VW Bulli und gewinnt mit ihm beim großen VW-Bus Treffen  in Hannover den Preis für den originalsten T2.

"VW Bus Achtsitzer L" statt "Clipper"

Ursprünglich soll der Nachfolger des T1 Samba den Namen Clipper tragen. Aber PanAm erhebt Einspruch. So heißt der edelste T2 ganz unmondän "VW Bus Achtsitzer L". Ins L-Paket packt Volkswagen die Zweifarbenlackierung, viel Chrom an Front, Fenstern und Flanken sowie bei den frühen Modellen das große Stahlschiebedach. Innen wird die gute Stube ordentlich mit Kunstledersofas möbliert, die Seiten vollständig und sorgfältig tapeziert, dazu bombig verarbeitet. In jeder Reihe des VW Bulli hängt damals noch ganz selbstverständlich ein großer Aschenbecher. Heute wirkt der Bus von außen fast klein. Nur acht Zentimeter länger als ein VW 1600 Typ 31, bietet er innen aber Platz für acht. Wobei sich die drei auf der Frontbank besser schon aus dem körperkontaktfreudigen Summer of Love oder der Kommune 1 kennen sollten.

Der wahrhaftigste Volkswagen

In den Fond des VW Bulli gelangen die Passagiere über die beim T2 serienmäßige seitliche Schiebetür. Hat sie auf ihren Schienen erst einmal Fahrt aufgenommen, rollt sie mit der Wucht und dem Krach eines Güterzugs in Richtung Schloss und kann vor Hindernissen, die sich ihr in die Bahn stellen, kaum notgebremst werden. In der dritten Reihe gibt es die meiste Beinfreiheit, damit sich die super Coolen, die ja immer ganz hinten sitzen, ordentlich flätzen können. Die Plätze mit den besten Aussichten sind im VW Bulli aber die auf der Zweierbank in der Mitte - direkt unter dem offenen Schiebedach.

Auch vorn ist die Sicht im VW Bulli grandios - dank schmaler Dachsäulen und hoher Sitzposition, vor allem aber durch die große Panorama-Frontscheibe. Zu Beginn irritiert Bus-Neulinge jedoch, dass sie vorn direkt über der Achse sitzen und das Auto gleich vor ihren Fußspitzen mit dünnem Frontblech endet. Vier Meter weiter hinten zuckt der Anlasser den Flachboxer wach. Schon im Leerlauf trägt der VW Bulli-Boxer einen deutlichem Porsche-Akzent im Klang. Das darf er, immerhin treibt er - zum Zweiliter weiterentwickelt - den 914 an. Wie eigentlich alle VW- und Porsche-Boxermotoren sieht auch der Siebzehnhunderter hinter seiner kleinen Klappe aus wie eine Waschmaschine von hinten.

Etwas Gas, dann bollert der Motor im VW Bulli los. Krückstock-Handbremshebel ein Stückchen herausziehen, eine viertel Umdrehung im Uhrzeigersinn und nach vorn schieben, dann gibt die Bremse die Hinterräder frei. Gang rein. Als die Kupplung weich einrückt, bäumt sich der kleine VW Bulli kurz auf und drückt die Nase mit dem stolzen VW-Emblem voran. Er beschleunigt nicht wirklich vehement. Wird das weit rechts stehende Gaspedal aber flachgedrückt, fühlt sich die Fortbewegung energisch an - jedoch herb unterbrochen von hakeligen Gangwechseln. Bis die Viergang-Box hinten nämlich versteht, was der Fahrer vorn über den krakeligen Schalthebel zusammenrührt, knabbert sie meist schon an der falschen Übersetzung herum. Also langsam und nachdrücklich schalten, das Getriebe mit Zwischenkuppeln gnädig stimmen.

Draußen vor der Stadt hat das Rühren aber schnell ein Ende. Denn der Boxer des VW Bulli dreht nicht nur gern, er bietet auch schon so früh stämmige Durchzugskraft, dass ab Tempo 50 fast alles im großen Gang klappt. Das ist gut, denn sobald der Wind seitlich auf den kleinen VW Bulli klatscht, braucht es die ganze Aufmerksamkeit, damit der Volkswagen auf seiner Fahrbahnseite spurt.

Mehr als 40 Jahre Produktionszeit

Es dauert ein bisschen, bis Kurskorrekturen über das steil stehende, große Lenkrad des VW Bulli subtil genug gelingen. Direkt übersetzt, reagiert die Lenkung spitz und lässt den VW Bulli zunächst hektisch auf der Straßen zacken. Mit etwas Übung lässt er sich aber geradezu flott fahren. Ein Verdienst des Fahrwerks, mit dem sich der T2 allen Situationen mutig und gut gerüstet stellt. Weich abgestimmt, neigt sich der VW Bulli in Kurven deutlich zur Seite - das wirkt innen wegen der hohen Sitzposition schaukeliger, als es von außen aussieht.

Andererseits federt der T2 leer wie beladen auf dem Niveau einer gehobenen Limousine. Dazu kommt er mit der heckmotortypisch vorzüglichen Traktion und der hohen Bodenfreiheit auch noch auf verschlammten Parkplätzen von Open-Air-Konzerten oder in leichtem Gelände voran. Vielleicht ist der VW Bulli ja der wahrhaftigste Volkswagen. Er fährt sich käferig, verspricht mit seiner enorm zuverlässigen Technik und der unerschütterlichen Verarbeitung, seine Besatzung nie im Stich zu lassen. Dazu ist der VW Bulli ein wirklich klassenloses Auto. Er war bei Kommunarden gleichermaßen beliebt wie bei Kommunalbehörden.

So reisten Polizei und Protestierer zur Anti-Atomkraft-Demo häufig mit dem gleichen Auto an, froren im Winter wegen der überforderten Heizung und fürchteten im heißen Sommer um die Gesundheit des mitunter fiebrigen dritten Zylinders. Wie beim Käfer kann lange kein modernerer Konkurrent den Erfolg des Typ 2-VW Bulli ernsthaft gefährden. Erst in der dritten Generation schwächelt der VW Bulli kurz - aber nur, bis er 1982 Wasserboxer bekommt. Der T2 kriegt die schweren Jahre seines Nachfolgers nur aus der Entfernung mit. Nach seinem Produktionsstopp in Deutschland wandert er nach Brasilien aus. Noch heute plumpst er vom Fließband in Sao Bernado de Campo. Dort haben sie ihm das Dach erhöht und ihm - immerhin erst 2006 - den luftgekühlten Boxer weggenommen und gegen einen wassergekühlten 1,4-Liter-Boxer ersetzt.

Vor Kurzem kehrten ein paar noch luftgekühlte kleine Busse zurück nach Deutschland und waren als Neuwagen ganz die Alten. In über 40 Jahren hatte der T2 seine Prinzipien und Ideale des Modelljahrs '68 nicht aufgegeben - anders als manche Blumenkinder, Hippies und Revoluzzer. Peace, Alter.

Jetzt gibt es wieder eine Neuauflage. Ein VW-Händler aus den Niederlanden bringt den T2 aus Brasilien nach Europa. Ab 26.001 Euro geht es los. Mehr dazu hier.