VW Passat B1 (1973 bis 1980) Kaufberatung, Preise

50 Jahre Passat: Rettungswagen für VW

Als VW 1973 den Passat auf den Markt bringt, steckt der Konzern in der Krise. Audi hilft mit Technik, Giugiaro beim Design. Worauf ist heute beim Kauf zu achten und wie fährt der Ur-Passat heute?

VW Passat B1 Typ 32 1.6 GLS Panamabraun (1977) Foto: Hans-Dieter Seufert 27 Bilder

Rudolf Leiding, von Oktober 1971 bis Anfang 1974 Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, stoppte kurz nach Amtsantritt die Entwicklung des Mittelmotorautos EA 266 und verkündete gegen Ende des Jahres 1971 im Gespräch mit dem Spiegel: "Der künftige VW wird Frontantrieb haben".

Damit meinte er nicht den K70, der zwar der erste VW mit wassergekühltem Frontmotor ist, aber auch ein Erbe von NSU. Selbst entwickelt hatte VW sein erstes Frontantriebsauto jedoch ebenfalls nicht. Denn im Grunde seiner Längsmotor-Architektur ist der erste Passat ein Audi 80. Was beim Blick unter die Haube an zahlreichen kleinen Audi-Logos gut zu erkennen ist.

Kleiner als VW Polo von 2023

Vom Audi 80 erbt der VW Passat B1 seine leichte Bauweise: 860 Kilogramm wiegt der Zweitürer, den VW Classic zu uns nach Stuttgart geschickt hat. Viel ist nicht dran an diesem Auto, das damals Mittelklasse war und heute einen kleineren Schatten wirft als ein VW Polo, Jahrgang 2023. Ein Passat, daran hat sich in 50 Jahren nichts geändert, war ein Symbol für zarten Wohlstand und bescheidenen Stolz auf das Erreichte.

Das 4,19 Meter lange und 1,62 Meter breite Auto genügte vor 50 Jahren Familien mit zwei bis vier Kindern für die Fahrt in den Urlaub. Die Lackfarben hießen Manilagrün oder Panamabraun. Doch meist verbrachten westdeutsche Familien die Ferien an weniger exotischen Orten und blieben zumindest in der Nähe des vertrauten Sprachraums.

An den Qualitäten des Autos liegt es nicht, wenn der Fahrer lieber daheim bleibt. Der namensgebende Wind trieb schließlich Generationen von Seefahrern zuverlässig über die Ozeane. "Passata" heißt Überfahrt und ist neben dem Design des Fließhecks das zweite italienische Merkmal am ersten Passat.

Wie fährt der Passat B1?

Weitere Ausflüge in die Geografie schlagen wir in den Wind. Einen der drei Schlüssel in das Türschloss gestochert, am Griff gezogen und schon fällt man auf die Vollschaumstoff-Sitze (ab August 1975). Unser panamabrauner Testwagen ist ein frühes 1977er-Modell mit 75 PS. Er hat also auch schon den verkürzten Schalthebel und den 1,6-Liter-Motor. Der springt mit seiner zickigen Startautomatik widerwillig an, dreht erst einmal ein bisschen hoch. Die Kupplung kommt spät, der Passat fährt los.

VW Passat B1 Typ 32 1.6 GLS Panamabraun (1977) Foto: Hans-Dieter Seufert

Hereinspaziert: Eine Fahrt im Passat B1 ist eine Zeitreise in die Geschmackswelt der 70er-Jahre.

Rau im Ton, zupackend im Wesen: Der vorn längs installierte Vierzylinder klingt vertrauenerweckend solide, wird dabei jedoch nie rau. Für VW-Fahrer müssen das ganz neue Töne gewesen sein, kannten sie doch bisher vor allem das Rauschen und Bollern eines Boxermotors im Heck. Auch das Handling war ein Neues: Statt mit drückendem Heck wie ein Käfer oder Typ 3 fährt der Passat am liebsten geradeaus. Der Motor verlagert den Schwerpunkt nach vorn und das Fahrverhalten ins Narrensichere. Mit Lenkrollradius Null reichen auch 2,47 Meter Radstand für einen stabilen Geradeauslauf.

Dünne Dachsäulen senken das Gewicht und verbessern die Sicht nach Draußen. Platz ist vorn wie hinten und die Übersicht ist grandios. Doch ausgerechnet den größten Unterschied zum Audi 80 sieht der Fahrer nicht: Das schräge Heck.

Historie: vom Audi 80 zum Passat B1

Mit dem Fließheck übernahm der Passat ein Merkmal des ebenfalls gestoppten Projekts EA 266, dessen Karosserie Giorgetto Giugiaro gestaltet hatte. Weil die Entwicklung des Schrägheck-Autos mit Quermotor und Frontantrieb zu lange gedauert hätte, griff Leiding auf die vorhandene Technik des neuen Audi 80 zurück.

Gespart hat sich VW auch die lange Heckklappe. Denn zunächst kam der Passat mit kurzer Kofferraumklappe auf den Markt. Die praktischere, größere Öffnung kam erst 1975. Ein Viertel der Passat-Käufer bestellte die große Klappe, ebenso viele den 1974 nachgereichten Variant. Giugiaros Lieblingsversion ist übrigens der Zweitürer: "Da ist optisch weniger los", sagte er Volkswagen Classic im Interview.

Krise bei VW: Leiding muss gehen

Auf den Passat, der 1973 erscheint, folgen 1974 das Sportcoupé Scirocco und der Golf als Ersatz für den Käfer. Leiding erlebt den Erfolg der von ihm durchgesetzten Modelle nicht mehr als VW-Chef: Wegen Diskussionen um ein Werk in den USA und Entlassungen. Vor allem aber angesichts eines Verlusts von über 800 Millionen Mark. Ausgelöst durch hohe Kosten, Verluste im USA-Geschäft durch Dollar-Schwankungen und Kaufzurückhaltung infolge der Ölkrise, bestellt der Aufsichtsrat am 10. Februar 1975 Toni Schmücker als Nachfolger Leidings an die Spitze des Autokonzerns.

Modellpflege

Der Passat blieb. Er bekam Anfang 1975 Vollschaumstoff-Sitze und im August desselben Jahres ein geändertes Getriebe mit kurzem Schalthebel. Der Hubraum der beiden stärkeren Motoren mit 75 und 85 PS wurde um 0,1 auf 1,6 Liter erhöht. Im August 1977 kam ein Facelift mit größeren Kunststoff-Stoßfängern und Blinkern neben den Hauptscheinwerfern.

Den Basismotor mit 1,3 Liter Hubraum ersetzte im Februar 1978 ein neuer Querstrommotor aus Polo und Golf. Ab Juli desselben Jahres konnten Passat-Käufer einen Dieselmotor bestellen, der 50 PS aus 1,5 Liter Hubraum leistete. Im Februar 1979 kam im neuen, 17.500 Mark teuren Topmodell GLI der 110 PS starke 1,6-Liter-Einspritzmotor aus dem Golf GTI in den Passat – für 425 Mark extra auch im Variant. Bis zur Premiere des Nachfolgers im Oktober 1980 verkauft VW weltweit über zwei Millionen Passat der ersten Generation.

Karosserie-Check

"Wer heute nach einen Passat der ersten Serie sucht, braucht viel Geduld, um ein Fahrzeug in erhaltenswertem Zustand zu finden", schreibt Olaf Steenbock in siner Kaufberatung.

Am Passat B1 können viele Bleche rosten, oft wurden Autos schon geschweißt und mehr oder weniger fachmännisch repariert. Wer ein Auto anschaut, sollte sich systematisch von der Frontschürze bis zur Zierleiste am Heckdeckel arbeiten. Besonders kritische Stellen unter der Motorhaube sind die Partie um die Scheinwerfer, die Stehbleche an den Kotflügelkanten, die Aufnahme des Aggregateträgers, die Lenkhebel und die Motorhaubenschaniere. Die Türen rosten an den Unterkanten, unter den Dichtungen und hinter den Verkleidungen.

Ein prüfender Blick unter den Teppich sollte den Schwellern und den Bodenblechen gelten. Unter der Rückbank befindet sich auf der rechten Seite die Aufnahme für den Querstabilisator. Hier liegen drei Bleche übereinander. Gammelige Achsaufahmen bedeuten besonders viel Arbeit. Der Rostklassiker Radläufe verschont auch den Passat nicht. Undichte Rückleuchten können Wasser in den Kofferraum lassen. Dort rosten dann die Taschen rechts und links. Die Radhausschalen können oben rosten, ein Abnehmen der Verkleidung verschafft Einblick.

Technik-Check

Die Motoren neigen laut Steenbock zu hohem Ölverbrauch. Probleme mit der Startautomatik der Solex-Vergaser kann eine elektronische Zündung beheben. Unruhiger Lauf und hoher Benzinverbrauch deuten auf eine ausgeschlagene Drosselklappenwelle hin.

Ein Ölwechsel kann bei den Schaltgetrieben helfen, wenn's beim Gangwechsel hakelt und verlängert das Leben der manchmal etwas ruppigen Automatikgetriebe.

Achten sollten Interessenten auf ausgeschlagene Lenkung und Radlager sowie gebrochene Federn an der Hinterachse.

Preise

Teuer ist ein Passat B1 auch in gutem Zustand nicht. Die Preise für einen Zweitürer mit 75-PS-Motor im Zustand zwei haben sich laut einer Analyse des Marktbeobachters Classic-Analytics zwischen 2014 und 2023 zwar annähernd verdoppelt, sind aber immer noch vierstellig: 9.300 Euro kostet ein Passat B1 - viel Auswahl gibt es allerdings nicht.

Bei Einführung 1973 (VW Passat L 1.3) :
9.060 Mark
Bei Produktionsende 1980 (VW Passat L 1.3) :
13.730 Mark

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage