Porsche 912 Targa Restaurierung
Der Zufalls-Treffer
Ein inserierter Porsche 912 Targa mit Soft Window weckte vor etlichen Jahren die Aufmerksamkeit von Wendelin Himmelsbach. Einige Zeit später kaufte er sich einen und restaurierte ihn zusammen mit seiner Frau.
Nein, gesucht hatte er so ein Auto nicht. Wendelin Himmelsbach bezeichnet sich selbst als oldtimersüchtig und stöbert allein aus Neugier immer mal wieder im entsprechenden Anzeigenangebot. Vor einigen Jahren stolperte er dabei über einen "Porsche 912 Softwind".
912 Targa Soft Window ist eine Targa Version
Mit dieser Bezeichnung konnte er damals nichts anfangen, doch sein Interesse war geweckt. So machte er sich in Begleitung seiner Frau Michaela von Seelbach im Schwarzwald auf den Weg nach Hockenheim, wo der Wagen stand. Dort erwartete sie ein kurz angebundener, unhöflicher Verkäufer und ein unter Gerümpel verborgenes Fahrzeug, das nicht den Fotos in der Anzeige entsprach. Auf jeden Fall handelte es sich um einen Porsche 912 Targa Soft Window, also um jene Targa-Version mit dem Heckfenster aus weichem Kunststoff, das sich nach dem Öffnen eines Reißverschlusses zusammenfalten lässt.
Auch wenn es nicht zum Kauf kam, war das Paar von diesem Porsche sehr beeindruckt. Allein wie gut die Türen dieses betagten Autos noch ins Schloss fielen, fand Wendelin Himmelsbach bemerkenswert. Bei seinem VW Karmann Ghia Cabriolet musste er ständig die Türen nachstellen. "Der Porsche 912 Targa Soft Window ließ mich nicht mehr los. Ich besorgte mir Literatur, um mich genauer zu informieren", sagt er. Zwei Jahre später inserierte ein Händler im Elsass einen solchen Wagen. Himmelsbach fuhr hin, doch der Zustand dieses Porsche 912 war zu schlecht. Sollte mal einer in gutem Zustand auftauchen, hätte er Interesse, teilte er dem Händler mit.
Die schwere Suche nach einem Porsche 912 Targa Soft Window
Der Anruf kam etwa ein Jahr später. Himmelsbach machte sich sofort auf den Weg, um das Auto in Augenschein zu nehmen. Es handelte sich um einen 67er Porsche 912 Soft Window Targa, der irgendwann einmal auf eine gläserne Heckscheibe umgerüstet worden war. Doch ein neues Soft Window mit Gestänge lag bei. Himmelsbach war unschlüssig. Mehrfach schlich er um den Porsche, schaute ihn auf der Hebebühne an und nahm bei einem seiner Besuche auch einen Bekannten mit, um dessen Meinung zu hören.
Denn in Relation zum Zustand fand er den Wagen zu teuer, und als er dann ein Rostloch im Bereich der B-Säule entdeckte, war für ihn die Sache gelaufen. Sein Freund meinte hingegen: "Wegen dieses Lochs lassen wir ihn aber jetzt nicht stehen, oder?" Und als der Verkäufer dann noch den Preis verlockender gestaltete, ließ sich Himmelsbach erweichen. Er gab sein von ihm restauriertes Karmann Cabriolet in Zahlung, legte noch ein wenig drauf und nahm den Porsche mit.
Unangenehme Entdeckungen am Porsche 912 Targa Soft Window
Doch sein ungutes Gefühl im Bauch erwies sich als berechtigt. Schon kurz nach dem Kauf erwartete ihn die erste Überraschung. Beim Schieben des Porsche 912 Targa Soft Window über den heimischen Hof packte er am Radlauf an - dabei löste sich eine größere Platte Unterbodenschutz. Es stellte sich heraus, dass die Schutzschicht zu großen Teilen unterrostet war.
Im Verlauf der Demontage folgten weitere unangenehme Entdeckungen. Als er die innere Verkleidung auf jener Seite löste, auf der sich das von ihm bemängelte Rostloch befand, stieß er auf zerbröseltes Metall. Das von Porsche als Fondinnenwand bezeichnete Blechteil hatte sich nahezu aufgelöst, und da es nicht lieferbar war, musste es angefertigt werden.
Auch beim Tankauflageträger musste er seine bei anderen Restaurierungen gesammelten Erfahrungen im Blechformen und Schweißen einsetzen. In diesem Bereich hatte eine Werkstatt in den USA, wo der Porsche 912 Targa Soft Window einst gelaufen war, einen Schaden mit Metallspachtel so geschickt repariert und lackiert, dass sich dies auf den ersten Blick nicht erkennen ließ.
Viel Pfusch am Porsche 912 Targa Soft Window
Den instandgesetzten Unfallschaden hinten hatte Himmelsbach gesehen, aber sich keine Gedanken darüber gemacht. Von einer gewissen Ungeduld getrieben arbeitete er täglich an seinem Projekt, und beim Abtragen des teilweise schon abblätternden Lacks mit Heißluftfön und einem Stemmeisen freute er sich, dass er nur im Bereich des Unfallschadens auf Spachtelmasse stieß. "Erst später merkte ich, was hier hinten alles krumm war", erinnert sich Himmelsbach.
Wieder kamen Pfuschreparaturen zum Vorschein. Der nachlässig eingeschweißte hintere Querträger, der auch das Motorhaubenschloss aufnimmt, ließ sich mit nur zwei Hammerschlägen heraustrennen. Ein Neuteil musste her, doch selbst gebrauchte Stücke wurden mit Gold aufgewogen. Das passte Himmelsbach gar nicht, denn ihm lag daran, die Kosten der Restaurierung in einem erträglichen Rahmen zu halten.
Glückliche Ersatzteilbeschaffung
Im Porsche Zentrum Offenburg erkundigte er sich nach dem Neupreis dieses Teils, leider war es nicht lieferbar. Dennoch bat ihn der dortige Lagerist, das Altteil vorbeizubringen. Der verglich es mit seinem Ersatzteilkatalog und bestellte auf Verdacht das entsprechende Teil für den 89er Porsche 911. Tatsächlich erwies sich das bestellte Stück bis auf zusätzliche Verstärkungen als identisch, und so bekam Himmelsbach das gesuchte Blech im Neuzustand für 290 Euro, während für gebrauchte Querträger, die man zudem selbst heraustrennen musste, über 400 Euro verlangt wurden.
Umrüstung auf das Soft Window gestaltete sich beim 912 Targa als Problem
Aufwendiger als gedacht geriet die Rückrüstung auf das Soft Window. Da jegliche Informationen über den Einbau respektive die Gestängebefestigung fehlten, hielt Himmelsbach Ausschau nach einem entsprechenden Anschauungsobjekt. Und das musste natürlich einem kooperativen Besitzer gehören. Er fand ihn ausgerechnet im fernen Lüneburg - doch wenn der Schwarzwälder ein Ziel vor Augen hat, ist er nicht aufzuhalten.
Die Fahrt in den Norden erwies sich aber nicht ganz so ergiebig wie gehofft. Da Himmelsbach nicht den ganzen Wagen des netten Herrn auseinanderschrauben konnte, blieben noch einige Kleinigkeiten ungeklärt. Als Rettung erwiesen sich schließlich Kopien einer alten Umbauanleitung für den Targa von Soft Window auf feste Scheibe. Darin war nämlich die Rede von zwei Haltern, die man wegstemmen musste. Lage und Größe der Halter konnte Himmelsbach schließlich an einem in Restaurierung befindlichen Targa in Karlsruhe abnehmen, dafür revanchierte er sich beim Besitzer mit seinen gewonnenen Informationen über die Gestängebefestigung.
Gattin Michaela war bei der Restaurierung des Porsche 912 Targa Soft Wind involviert
Die verrückteste Aktion war wohl die Entrostung des Tanks. Da Himmelsbach nebenbei auch noch ein Haus renovierte, nutzte er die vorhandenen Arbeitsmittel. Er füllte Kies und Bohremulsion in den Tank und befestigte ihn an der Trommel einer Betonmischmaschine, die er in verschiedenen Winkeln längere Zeit rotieren ließ. Die Restaurierung der Technik lief ständig nebenher. Da der Auspuff fehlte, hatte ein Zylinder des Motors tiefe Rostspuren, die sich nicht mehr honen ließen. Aufbohren war nicht ratsam, weil eh schon Übergrößen montiert waren, und für das nächste Maß gab es keine Kolben.
Durch Zufall trieb Himmelsbach neue Kolben und Zylinder auf, die angeblich den Originalmaßen entsprachen. Nachbar Jürgen Deusch, besonders Besitzern britischer Klassiker ein Begriff, bot sich an, den überholten Motor einzustellen. Doch der Vierzylinder lief stets zu fett. Als alle Tricks nichts halfen, empfahl Deusch, die Brennräume auszulitern. Tatsächlich ergab sich dann ein deutlich zu niedriges Verdichtungsverhältnis, was ein Motoreninstandsetzer durch Materialabnahme an den Zylindern korrigieren konnte.
Die gemeinsame Restaurierung des Porsche 912 Targa Soft Window bleibt unvergesslich
Das Getriebe war okay, aber das Fahrwerk wurde komplett überholt, alle Verschleißteile erneuert, Radaufhängungsteile entrostet und neu lackiert. Auch die Innenausstattung war aufzuarbeiten. Gattin Michaela half beim Beziehen von Verkleidungen und beim Überarbeiten des neuen Teppichsatzes, der nicht passte. Auch sonst half sie fleißig mit. Abende wie jener, als sie an einem Tisch beieinander saßen und jeder nach der Explosionszeichnung auf dem Display des Computers einen Vergaser montierte, bleiben unvergessen. Solch schöne Erinnerungen runden vortrefflich die Restaurierung eines Autos ab, das das Ehepaar gar nicht gesucht hatte.
Die typischen Schwachstellen am Porsche 912
- Da die Karosse des Porsche 912 mit der des 911 identisch ist, sind auch die typischen Roststellen gleich. Dazu zählen Reserveradwanne, Tankauflage, Kotflügel im Scheinwerferbereich, Schweller, Boden, Türen, Achsrohr - und speziell beim Targa inneres seitliches Fondblech, undichtes Dach, weich gewordene Karosserie.
- Vorsicht bei restaurierten Exemplaren. Wegen des im Vergleich zum 911 geringeren Marktwerts fallen manche Arbeiten aus Kostengründen mangelhaft aus.
- Die Motoren sind robust, längere Strecken mit Drehzahlen über 5.500/min provozieren Lagerschäden.
Porsche 912 - Experten-Tipps: "Viele Soft Wind Targa wurden umgebaut"
Nach seiner Einführung im Jahr 1965 war der Porsche 912 sehr erfolgreich, besonders in den USA, wohin die meisten Fahrzeuge geliefert wurden. Wer einen 912 sucht, stößt daher dort auf das größte Angebot. Mit etwas Geduld findet sich aber auch hierzulande ein Auto, zudem hat die Europa-Version eine effektivere Heizung.
Puristen bevorzugen die frühen Versionen des Porsche 912 mit nur drei Rundinstrumenten, die üppigste Ausstattung bieten die 69er Modelle. Letztere Versionen haben den um 57 Millimeter verlängerten Radstand. Ab 1967 gab es den 912 als Targa. Statt des hinteren faltbaren Dachteils mit der weichen Kunststoffscheibe konnte man ab 1968 eine feste Glasscheibe bestellen, 1969 wurde das gläserne Heckfenster serienmäßig montiert. Viele Targa Soft Window-Besitzer rüsteten ihr Auto nachträglich auf eine feste Scheibe um.